top of page

Tolerantes Gemisch der Religionen

Jordanien liegt in Vorderasien, einer unruhigen Region. Um das Land herum toben Kriege und bewaffnete Auseinandersetzungen. Das Land ist modern und traditionsbewusst zugleich, vor allem aber aufgeschlossen

Blick aufs Jordantal in Jordanien

 

Von Fred Hafner

​

Amman. Wir landen am Abend in Amman, der Hauptstadt Jordaniens. Der 4-Stunden-Flug mit Austrian Airlines war bequem, die österreichische Airline hat Wien seit Jahren als Drehkreuz für Reisen in den Nahen, Mittleren und Fernen Osten etabliert. Endlich mal wieder eine Tagesverbindung ab Deutschland. 

 

Jordanien liegt in Vorderasien. Nachbarländer sind im Westen Israel und die Palästinensischen Autonomiegebiete, im Norden Syrien, im Osten Irak, im Osten und Süden Saudi-Arabien. Weitere Zentren sind Zerqa, Aqaba und Irbid. Höchster Berg Jordaniens ist der Um Adami bei Wadi Rum mit 1.854 m.

 

Es herrscht trockenes Mittelmeerklima mit sonnigen, wolkenlosen Tagen und kühleren Nächten. Die Durchschnittstemperaturen liegen in Amman von Mai bis Oktober bei 23 °C, von November bis April bei 12 °C. In Aqaba, am Toten Meer und im Jordantal herrschen ganzjährig mildere Temperaturen, durchschnittlich 16 bis 22 °C. Die Monate Juli und August sind heiß und trocken. Von November bis März kann es regnen, aufgrund der Höhenlage in Amman im Winter sogar schneien.

 

Freundes- und Bekanntenkreis waren zwiegespalten. Während die einen meine Reisepläne ausnahmslos guthießen, erklärten mich andere für unverantwortlich. „Da ist doch Krieg in der Region.“ Stimmt, allerdings gilt Jordanien als relativ stabil, mit Israel gibt es sogar einen Friedensvertrag.

Blick auf Amman, Hauptstadt Jordaniens
Amphitheater in  Amman

Die "weiße Stadt": Amman hat 2 Mio Einwohner. Das Amphitheater aus dem 2. Jahrhundert fasst 6.000 Zuschauer

Am nächsten Morgen steht Amman auf dem Plan. Die Stadt mit zwei Millionen Einwohner wurde einst auf sieben Hügeln erbaut. Sie ist heute die moderne Hauptstadt des Haschemitischen Königreichs von Jordanien. Ihr Beiname heißt „Weiße Stadt“. Wenn man von einem der umliegenden Berge auf die Stadt herunterblickt, ist klar warum: Die Häuser sind fast gänzlich weiß, der Hitze wegen. 

​

In der Frühe besichtigen wir die König Abdullah Moschee. Frauen müssen sich sehr „züchtige“ schwarze Umhüllungen samt Kapuze anziehen. Der Innenraum ist großartig, die Kuppel ist mit leuchtenden Mosaiken ausgelegt. Darunter hängt ein tonnenschwerer, vergoldeter Leuchter. In der direkten Nachbarschaft stehen christliche Kirchen. In Amman herrscht ein tolerantes Religionsgemisch von christlichen und islamischen Glaubensrichtungen. 

​

Amman bietet viele historische Sehenswürdigkeiten und eine vergleichsweise moderne Infrastruktur mit guten Restaurants, Kunstgalerien und Museen.

Auf den Märkten mit ihrem orientalischen Gold- und Gewürzangebot sowie in den Geschäften mit Handwerkskunst der Beduinen, aber auch internationaler Markenmode, herrscht schon am Vormittag reges Treiben.

Einer der höchsten Punkte Ammans ist der Zitadellenhügel (Jebel Qala’a) mit frühen Festungsanlagen. Auf diesem Hügel stehen die Zitadelle und diverse Bauwerke wie etwa der Herkulestempel, der Omayadenpalast und eine byzantinische Kirche.

​

Auf einer anderen Anhöhe in der Innenstadt befindet sich das steinerne römische Amphitheater aus dem 2. Jahrhundert, das 6.000 Sitzplätze umfasst und in dem gelegentlich Veranstaltungen stattfinden.

​

Die Straßen sind sehr steil, der Verkehr teils chaotisch. Unser Dolmetscher erklärt, man habe versucht, Ordnung in den Straßenverkehr zu bringen, indem man das deutsche Verkehrssystem einführte. Als dann aber deswegen 35.000 Fahrer ihren Führerschein verloren, ist man freudig ins Chaos zugekehrt.

​

Neben dem Verkehr ist das Wasser das zweite beherrschende Thema für die Einheimischen. Sie haben zu wenig davon. Israel reguliert den Jordan, zulasten Ammans und Umgebung. Für die Felder der jordanischen Bauern reicht es kaum. In der Hauptstadt geht es teils soweit, dass das Wasserwerk in Amman nur einmal in der Woche für 24 Stunden Wasser liefert. Dann versorgen sich alle, so gut es geht. An den anderen Tagen der Woche müssen sich die Bewohner mit riesigen Wasser-Behältern behelfen. 

Grenzpolizei am Jordanfluss

Trüber Jordan und noch dazu direkter Grenzfluss: Beides stört hier niemanden. Weil dem Wasser magische Kräfte nachgesagt werden, baden viele hier gern – links die Jordanier und rechts die Israelis. Beiderseits des schmalen Flusses überwachen bewaffnete Soldaten das Treiben

Baden im Jordan

Der Jordan ist ein trüber schmaler Fluss. Und Badestelle. An der Grenze zu Israel, im Jordantal, sind auf engstem Raum und fein säuberlich getrennt Menschen aus beiden Ländern sowie deren Besucher im Wasser. Die Enge und das Baden direkt im Grenzfluss vor den Augen bewaffneter Soldaten muten skurril an, ist für die Jordanier und Israelis aber normal. Denn dem Wasser werden religiöse, heilige Kräfte zugesagt, weshalb es viele gerade magisch anzieht.

 

Als wir am nächsten Tag Amman verlassen, geht es durch das Nobel- und Botschaftsviertel. Die amerikanische Botschaft hier gleicht einer waffentrotzenden Festung, auf deren Dach unzählige Satellitenschüsseln und Sendemasten ihre "Fühler" ausstrecken. Die meisten der Prachtvillen gehören Irakern und Bürgern der Golfstaaten, weniger den Jordaniern, erklärt unser Guide.

Jordanien ist reich an biblischen Stätten: Hierzu gehört beispielsweise die christliche Mosaikstadt Madaba, etwa eine Autostunde südlich von Amman. 

Wir erreichen sie am nächsten Tag. Die Stadt ist bekannt für ihre Kirchen und die darin enthaltenen Mosaike. So befindet sich beispielsweise in der St. Georgs-Kirche die Mosaikkarte von Madaba. Diese soll ursprünglich aus über 2 Mio. kleinen Steinchen bestanden haben.

Petra, die Schatzhalle
Durch den Siq gelangt man nach Petra
Felsenstadt Petra

Durch den Siq gelangt man nach Petra. Nach 20 minütigem Fußmarsch taucht unvermittelt die Schatzhalle auf. Danach liegt dem Besucher das gesamte Areal der Felsenstadt zu Füßen 

Weiter gehts nach Petra. Die Felsenstadt ist für die meisten wohl der Hauptgrund, Jordanien zu besuchen. Allerdings hat uns der Reiseleiter eingestimmt: Alles hier sei in der Hand der Mafia, nicht einmal die Regierung lege sich mit ihr an. Also die Kultstätte an sich sowieso, aber ebenso sämtliche umliegenden Hotels, Pferdekutschen, Souvenirläden - immer halten die Beduinen im Hintergrund mit die Hand auf. Das erklärt vielleicht die gesalzenen Preise für Eintritt und drumherum – allerdings hält Petra wirklich, was es verspricht.

​

Die antike Stadt Petra im Süden des Landes gehört zu den Nationalschätzen Jordaniens. Sie wird häufig als 8. Weltwunder bezeichnet, ist UNESCO-Weltkulturerbe und die bei weitem bekannteste Touristenattraktion des Landes.

2007 wurde Petra zu einem der neuen sieben Weltwunder gewählt.

Das Tal betreten Besucher nach Durchquerung des „Siq“, einer rund einen Kilometer langen Felsschlucht, die an manchen Stellen nur 2 m breit ist und 80 m in die Höhe ragt. Petras berühmtestes Monument, das Schatzhaus ("al Khazne"), taucht in überwältigender Weise am Ende des Siq auf.

 

Lange Zeit galt Petra als uneinnehmbar. Die Römer konnten die Stadt nur durch Verrat erobern. Was aber ungehindert eindringen konnte, war das Wasser. Es gab und gibt immer wieder Überschwemmungen. In vorgeschichtlicher Zeit hat Wasser den Siq geformt: zwei Kilometer auf engstem Verlauf.

 

Keine Frage: Die Enge und Länge des Wegs steigern die Vorfreude. Was wird uns gleich erwarten? Dazu ist es, hier auf dem schattigen schmalen Weg, relativ kalt und windig, sodass wir dessen Ende herbeisehnen. Nach zirka 20 Minuten dann die Augenweide: das Schatzhaus liegt im Morgenlicht direkt vor uns. Wir sind wirklich überwältigt von seinem Anblick. Den gesamten Tag sind wir in Petra unterwegs, sehen historische Bauwerke der Nabatäer und Römer. Sie wurden unter schwierigen Bedingungen aus den Geröllmassen ausgegraben. Und man gräbt immer weiter.

Pferdekutsche in Petra
Eselsritt in Petra

Wenn die Esel und Pferde kommen, wird's schon mal eng in den Zugängen von Petra. Vor allem abends, wenn die Beine müde sind, kann man sich vor Angeboten kaum retten.

Als wir abends durch den Siq zurücklaufen, sind wir ermattet. Nur mit Mühe erwehren wir uns der zahlreichen Offerten der fliegenden Händler: quitschgrüner Zitronentee, Granatapfelsaft, Souvenirs und als Clou die ständigen Angebote, auf einem Esel raus in zum Hotel zu reiten. Hieß es mittags überall: „donky ride to to the monestry, Mister?“ (Eselsritt zum Kloster?), so heißt es jetzt „donky ride to the Hotel?“. Wir bleiben standhaft, die Beduinen haben auch so schon gut an uns verdient. 

Wüste Wadi  Rum in Jordanien

Endlose scheinende Wadi Rum. Nach 20 Minuten Jeepfahrt findet man ohne Guide nicht wieder heraus. 

Wir verlassen Petra, fahren am nächsten Tag weiter nach Wadi Rum. Das ist eine prächtige Sandwüste mit mächtigen Felsformationen, wie der 35 m hohen Steinbrücke Burdah oder den Sieben Säulen der Weisheit, benannt nach dem gleichnamigen Buch von Lawrence von Arabien. Sie ist das größte Wadi in Jordanien und wurde 2011 mit einer Fläche von 740 km² zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt.

​

Neben den endlosen Möglichkeiten, das Wadi Rum zu Fuß zu entdecken, kann man die jordanische Wüste selbstverständlich auch vom Rücken eines Kamels aus oder auf einer Jeepsafari erleben. Wir nutzen den Jeep, der uns mächtig durchschaukelt. Zwischenzeitlich denken wir immer mal, dass der Fahrer mit uns auf der offenen Ladefläche gleich steckenbleibt. Aber die breiten Reifen und der kräftige Vierrad-Antrieb befreien uns aus jeder noch so brenzligen Situation. Immerhin: Nach jetzt rund 25 minütiger Fahrt durch die Wüste würden wir ohne Hilfe des Fahrers nicht wieder herausfinden. Alles sieht so majestätisch schön in der Abendsonne, aber auch so gleich aus. Kleinere und größere Berge, dann wieder weite Flächen, ein paar Felsen und immer wieder und davon ganz viel: Sand. Soweit das Auge reicht.

​

Geschäftstüchtig wird uns eine Übernachtung „unter 1.000 Sternen“ in einem der stilvollen Wüstencamps angeboten. Die haben inzwischen allen Komfort und sind wirklich beeindruckend, aber unsere Zeit reicht nicht. Wir lehnen dankend ab. 

 

Denn unser nächstes Ziel ist schon ganz nah: Aqaba. Ganz im Süden des Landes lockt ein besonderes Juwel aus Jordaniens Schatzkiste: Aqaba ist der einzige Zugang zum Roten Meer und gilt international als Tauchparadies mit Korallenriffen und Fischreichtum. Das ganze Jahr über sind hier Tauchen und Schnorcheln bei fast gleich bleibender Wassertemperatur von 24 - 25 °C möglich.

​

Der Unterwasserwelt kommt es zugute, dass Aqaba als einziger Zugang Jordaniens zum Meer trotzdem kein Hafen für Supertanker geworden ist. Und auch der touristische Verkehr mit Jetski, Luxusyachten und Glasbodenbooten ist noch so gering, dass das empfindliche Ökosystem keinen Schaden nimmt.

Der Schutz der Natur liegt den Jordaniern sehr am Herzen: In und um Aqaba laufen regelmäßig Projekte zum Schutz des Riffs.

 

Allein der Anblick des sehr sauberen Wassers des Roten Meeres erfrischt nach all dem Sand und den Steinen. Bei einem sehr süßen jordanischen Kaffee lassen wir einfach die Seele baumeln, entspannen und sonnenbaden. Es ist ein nettes Städtchen mit attraktiven Einkaufsmöglichkeiten. Aqaba ist auf Touristen eingestellt, bietet zahlreiche Bummelmeilen und Übernachtungsmöglichkeiten in allen Kategorien. Nebenbei findet sich - natürlich - auch hier die Ruine der ältesten Kirche der Welt.

 

Nach zwei Tagen geht’s zurück nach Norden – zum Toten Meer. Es gilt von jeher als magischer Ort: Schon seit mehr als 2.000 Jahren kommen Menschen hierher, um Körper und Geist durch die therapeutische Qualität von Wasser und Luft zu beleben. Neben der heilsamen Wirkung beeindruckt jeden Besucher aber wohl als Erstes das leichte "Schweben" auf dem Wasser, das dank dem hohen Salzgehalt möglich ist. Bekannt sind die Bilder von zeitungslesenden Menschen im Wasser.

Totes Mees in Jordanien

Schwimmen, Stehen oder Gehen im Wasser unmöglich: Das Tote Meer ist durch seinen hohen Salzgehalt einmalig auf der Welt

Tatsächlich ist das Tote Meer in vielerlei Hinsicht der außergewöhnlichste Binnensee der Welt: Zum einen handelt es sich um den tiefstgelegenen See der Erde auf einer Höhe von mehr als 400 m unterhalb des Meeresspiegels. Zum anderen übertrifft das Tote Meer mit seinem extremen Salzgehalt von durchschnittlich rund 28 % (stellenweise sogar bis zu 33 g pro Liter) alle anderen Meere der Welt um das Zehnfache.

 

Nach wissenschaftlichen Schätzungen sind im Wasser des Toten Meeres über 40 Milliarden Tonnen Mineralien gelöst - darunter Magnesium, Kalzium, Brom, Kalium und Schwefel. Jedes einzelne dieser Mineralsalze verfügt über heilende Kräfte für den Menschen.

Wer ins Wasser geht, sollte keine Hautverletzungen haben, dann kann es höllisch brennen.

 

Wir verlassen Jordanien, nicht ohne am letzten Abend noch einmal großartig einzukehren. Das Land hat eine sehr schmackhafte, leichte und abwechslungsreiche Küche. Traditionell sitzen die Araber eher auf dem Boden als am Tisch. In den Restaurants und Hotels sowie in den meisten Haushalten sind die Tischgewohnheiten heute allerdings westlich geprägt.

 

Die Auswahl an vegetarischen Gerichten ist groß. Insbesondere Kichererbsen und Linsen bilden die Basis unzähliger Gerichte. Auch Fleischesser kommen sehr gut auf ihre Kosten: Zur Hauptspeise gibt es meist eine Fleischplatte mit gegrilltem Hühnchen, Lamm- oder Hühnchen-Spießen (Lahem Mashwi, Shish Tawouk) oder Kebab (Backfleisch-Spieße mit Petersilie und Zwiebeln). Dazu werden Reis und Fladenbrot gereicht.

Zum Essen trinkt man morgens starken, süßen Schwarztee, wahlweise mit Minze, oder türkischen Kaffee. Zu den Hauptmahlzeiten trinkt man Wasser oder frisch gepresste Zitronenlimonade, teils mit Minze vermischt. Nach dem Essen werden wieder Tee oder Kaffee gereicht.

 

Und wie sicher war es nun? Wir haben uns nie unsicher gefühlt. Vielleicht auch, weil wir ständig mit Reiseleiter unterwegs waren. 

Der Tourismus ist eingebrochen in diesem Land, was uns zum Vorteil gereichte: kein langes Anstehen, keine Drängelei an touristischen Orten. Für Jordanien ist das alles ein großer Nachteil. Denn der Tourismus ist eine der Haupteinnahmequellen. (April 2016)

bottom of page