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Großes Freilichtmuseum

Siena und Umgebung fasziniert mit Palästen, antiken Häusern, Dom, Theater – und dem Palio. Beim "härtesten Pferderennen der Welt" sind Touristen allenfalls geduldet.

Siena

 

Von Fred Hafner

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Siena. Die Stadt ist immer wieder aufregend, selbst nach mehrmaligen Besuchen. Denn in Siena, der „Hauptstadt der Toskana“, gibt es keine zwei gleichen Straßen. Und nicht eine einzige will sich irgendeiner Geometrie unterordnen. Dazu finden sich alte Paläste, antike Häuser, tonfarbene Dächer auf Schritt und Tritt, Dom, Theater, Museen. Weltbekannt ist Siena für den Palio, das „berühmteste Pferderennen der Welt“.

 

Viele sagen auch: "das härteste Pferderennen der Welt". Sie könnten Recht haben, denn beim Palio ist fast alles erlaubt. Der Wettkampf zwischen den benachbarten Stadtteilen Sienas wird alljährlich auf dem zentralen Platz mitten in der Stadt ausgetragen – der Piazza del Campo. Es gibt 17 Stadtteile in Siena. Beim Rennen sind aber immer nur zehn Pferde zugelassen – sieben "Gesetzte" (die im Vorjahr bei den Rennen nicht dabei sein konnten) und drei "Zugeloste".

 

Die Piazza del Campo ist an sich schon "schweres Terrain": ihres Kopfsteinpflasters wegen und weil sie nach außen hin abschüssig ist. Das Kopfsteinpflaster wird mit einem speziellen Belag aus Sand versehen, damit die Hufe der Pferde Halt bekommen können. Die Rennstrecke ist ein Rundkurs, nur 300 Meter lang und sieben Meter breit. 

 

Der Einzug der Stadtteile mit ihren Pferden und Reitern ist sehr eindrucksvoll. Die Pferde sind entsprechend aufgeregt, auch die grölenden Menschenmassen tragen nicht gerade zu ihrer Beruhigung bei. Wegen der großen Enge und der aufgeheizten Stimmung auf dem Platz gibt es häufig Fehlstarts. Ist der Start dann doch gelungen, geht es dreimal um die Platz. Für die 900 Meter brauchen Pferde und Reiter etwa 100 Sekunden. 

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Der Palio wird seit dem Mittelalter zweimal jährlich ausgetragen. Es findet am 2. Juli zu Ehren der Madonna di Provenzano (Palio di Provenzano) und am am 16. August zu Ehren der Mario Himmelfahrt (Palio dell'Assunta) statt. 

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Der Name Palio kommt aus dem lateinischen pallium und bedeutet Tuch oder Umhang. Später bekam das Wort auch die Bedeutung Fahne. So startet jeder Teilnehmer mit seinem farbenprächtigen, extra für diesen Tag angefertigten Trikot. Der Gewinner jedes "Palio di Siena" erhält eine bunte Standarte als Preis (bezeichnet als Palio), die jährlich neu gestaltet wird.

 

Erlaubt ist (fast) alles: Schieben, schubsen, drängeln sowieso. Sogar das Schlagen mit dem Ochsenziemer. Nicht erlaubt ist lediglich, andere Reiter vom Pferd zu stoßen. 

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Die Rivalität geht soweit, dass schon Tage zuvor jeder Stadtteil seine Pferdeställe von sogenannten "Pferdeknechten" bewachen lässt. Denn den Versuch, rivalisierenden Pferden etwas ins Futter zu mischen, damit sie am großen Tag nicht leistungsfähig sind oder gleich gar nicht antreten können, gibt es immer wieder. Kommen die Gegner und deren Helfershelfer nicht mehr in den Stall, gab es auch schon Fälle von Bestechungsversuchen des fremden Lagers. Dann sollte deren Personal den "Pferden was ins Futter tun". Ob das jemals gelang, wird man nie erfahren.

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Wie gesagt, erlaubt ist fast alles, und es zählt nur eins: der Sieg. Es zählt allein das Pferd, es darf sogar ohne Reiter ins Ziel laufen. Die Plätze dahinter sind egal, Revanche kann selbst der Zweitplatzierte, von den anderen gar nicht zu reden, ja wieder im nächsten Rennen nehmen. Der Zweitplatzierte muss oft mehr Hohn und Spott ertragen als der Letzte.

 

Tierschützer kritisieren den Palio regelmäßig. Rund 50 Pferde sind seit 1970 wegen und beim Palio verendet oder musste eingeschläfert werden. 

Während Touristen in Siena gern gesehen sind, sind sie am Palio-Tag allenfalls geduldet. Die Einheimischen sind dann so elektrisiert, dass sie frühzeitig ihre Lokale und Geschäfte schließen, um bei dem Ereignis dabei zu sein. Einnahmeausfälle hin oder her. 

Palio in Siena

Der Palio in Siena gilt als eines der berühmtesten, aber auch der härtesten Pferderennen der Welt

Nicht so bekannt ist die Stadt Siena dagegen für seine Enoteca Italiana. Die Gesellschaft sitzt in Siena, in der Medici-Festung. Seit 70 Jahren verfolgt sie erfolgreich das Ziel, italienische Qualitätsweine weiter in ihrem Wert zu steigern. Keine einfache Arbeit bei 600 Winzern und 1.600 Sorten allein in der Toskana. Landesweit gibt es rund 5.000 Winzer mit 20.000 Sorten – sie sind kaum noch überschaubar.

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36 Weine haben derzeit die höchste Qualitätsstufe – DOCG – von der Enoteca erhalten, davon sieben aus der Toskana: der Vernaccia aus San Gimignano, der Chianti Classico aus dem Chianti, der Nobile aus Montepulciano und der Brunello aus Montalcino.

Natürlich reist man nach Siena wegen des Weins und vielleicht auch, um einmal den Palio zu erleben. Doch die Region bietet noch mehr: gepflegte Schlösser, Herrenhäuser, Weingüter, die Therme in Montepulciano und auch Urlaub auf dem Winzerhof.

 

Die Anreise in die Toskana ist dank Nachtzügen und Billigfliegern inzwischen einfach. So lässt sich die Region Siena und Umgebung auch schon während eines Kurzurlaubs oder verlängerten Wochenendes bereisen. Das wäre aber schade, es gibt so viel zu Entdecken. (Juni 2017)

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Anreise:

Bahn über München bzw. Basel nach Mailand, Florenz (Sparpreis Italien buchen)

Auto über Mailand, Florenz

Flug nach Mailand

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Infos: 

www.enit.de;

www.easyjet.com;

www.bahn.de

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