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Inka-Stätten und Weltwunder

Südamerika ist ein Kontinent riesiger Kontraste: Perus Hauptstadt Lima, die alte Inka-Stadt Cusco, das Weltwunder Machu Picchu, der Titicaca als höchstgelegener schiffbarer See der Welt, die ursprüngliche Copacabana in Bolivien (Rio kam erst später) – und warum das smogverseuchte La Paz dennoch modern ist.

Teil 1 einer großen Rundreise

Schilfinseln vor Puno/Peru

Schilfinseln bei Puno: Leben wie die Ureinwohner

Von Fred Hafner

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Sao Paulo/Lima. Pedro Suoza setzt die Boeing 777-300 der Latam-Airlines Punkt 4.43 Uhr sanft auf die Landebahn des Flughafens São Paulo-Guarulhos auf. Vor 11,5 Stunden war der Flugkapitän mit seinen 381 Passagieren und weiteren 11 Crew-Mitgliedern in Frankfurt (Main) gestartet. Der Nachtflug über die Westküste Afrikas und den Atlantik verlief zuweilen turbulent. Nun sind alle müde. Doch für uns geht es nach kurzem Aufenthalt gleich weiter: 5 Stunden Flug nach Lima, wieder mit Latam. Die Gesellschaft hat sich zur führenden Airline Südamerikas entwickelt. Neben Interkontinentalflügen betreibt sie täglich auch Hunderte Flüge innerhalb des südamerikanischen Kontinents. Allerdings: Der Flug von Sao Paulo nach Lima über immerhin noch einmal knapp 5.000 Kilometer ist schon deutlich unkomfortabler: volle Auslastung, engster Sitzabstand, lustlose Stewards. Egal: Nach 17 Stunden reiner Flugzeit erreichen wir endlich Lima. Die Hauptstadt Perus ist erstes Ziel unserer dreiwöchigen Reise durch Südamerika – durch fünf Länder, vier Zeitzonen, über 12.000 Kilometer (ohne Hin und Rückflug FRA-GRU-FRA). 

 

Südamerika ist nicht nur ein ausgedehnter, großer Kontinent, auch seine Städte sind oft MegaCities. Lima, La Paz, Santiago de Chile, Buenos Aires, Rio de Janeiro – sie alle werden wir auf unserer Rundreise sehen, sie alle haben bis zu zwölf Millionen Einwohner! Alles eine Nummer größer als in Europa. 

Lima Stadtzentrum

Lima hat trotz 6,5 Millionen Einwohner nur ein überschaubares Stadtzentrum: der imposante Regierungspalast, das Rathaus und das eindrucksvolle erzbischöfliche Palais sind die besuchswerten Höhepunkte 

Verkehr Lima
Lima Verkehr mit Reinigung

Der Verkehr ist tägliche Herausforderung: S- und U-Bahnen gibt es in der MegaCity nicht. Alles geht über die Straße, die sich die Autos auch noch mit Hunderten von fliegenden Händlern teilen müssen 

Die großen Hinweis- und Orientierungstafeln werden auch während des laufenden Verkehrs mit dickem Wasserstrahl gereinigt. Dafür extra eine Straße zu sperren, gilt hier als unmöglich

Lima etwa hat 6,5 Millionen Bewohner, so genau weiß es keiner. Dabei ist die Stadt erst 1535 entstanden. Wer aufmerksam ist, erkennt zwischen den Wolkenkratzern eine schon längst verfallene Kolonialpracht. DIe geschichtsträchtige Plaza de Armas mit dem imposanten Regierungspalast, dem Rathaus, dem eindrucksvollen erzbischöflichen Palais und der Kathedrale sind Höhepunkte im Zentrum. Unweit entdecken wir die hellgelben Fassaden des prächtigen San Francisco Klosters. Seine hölzerne Kuppel thront über einer gewaltigen Treppe. Unter den Gebäuden gibt es ein riesiges Netzwerk von Tunneln und Katakomben. Es wurde früher als Massenfriedhof genutzt. Das enge Tunnelsystem beherbergt noch heute die Knochen der Verstorbenen. 

Lima wirkt (und ist teils auch) ärmlich. Zahlreiche Straßenverkäufer buhlen an aber auch jeder der zahlreichen Kreuzungen um die Gunst der Autofahrer. Der Verkehr ist teils chaotisch, die Luft ständig von Abgasen geschwängert. S- oder U-Bahnen gibt es nicht. Neben (zu) vielen Lkw und Pkw verpesten zahlreiche Stadt- und Kleinbusse die Luft zusätzlich. 

Aber: Lima hat auch wohlhabende Stadtteile. Zum Beispiel Barranco oder Miraflores. Hier gibt es gemütliche Cafés und Restaurants sowie kleine Indio-Märkte und Künstlerviertel. Hier kostet eine Wohnung dann auch ab 5.000 Euro/qm – das sind schon europäische Preise. Und selbst wenn es sich auf den ersten Blick kaum erschließt: Lima hat auch Grün zu bieten. So besticht der „Liebespark“ durch seine Farbenvielfalt. Er liegt direkt am Pazifik. Überhaupt: der Ozean. Zum Baden lädt er nicht ein. Erstens ist es zu kalt, zweitens gibt es kaum Strände. Aber zum Surfen! Die Wellen sind so gewaltig, dass sich schon 5 Uhr morgens zahlreiche Surfer im Wasser tummeln.

Cusco von oben

Cusco, ehemals Hauptstadt des Inka-Reichs, liegt 3.400 Meter hoch, aber umgeben von Bergen. Der Anflug ist anspruchsvoll

Kathedrale Cusco außen

Kathedrale am Plaza Mayor. Sie entstand auf den Ruinen eines Inka-Palastes ...

Kathedrale Cusco innen

... und beherbergt in ihrem Inneren soviel Gold wie kaum eine andere Kathedrale der Welt

Cusco Markthalle
Cusco Koka-Blätter im Hotel

Markthalle von Cusco: Statt an Fleisch sollte man sich in den ersten Tagen aber mehr an Koka-Tee halten, der in allen Hotels kostenlos bereitgestellt wird. Die Drogenpflanze, die es auch als Bonbons und Kaugummis gibt, beugt der gefürchteten Höhenkrankheit vor, sagen die Peruaner. Uns hat's geholfen ....

Nach zwei Nächten geht es schon weiter. Wir fliegen rund 1.000 km nach Cusco. Die alte Inka-Stadt überrascht uns schon beim Anflug. Während der Kapitän die Landung „in zwei Minuten“ ankündigt, sehen wir 100 Meter über dem Boden die Landebahn. Allerdings links aus dem Kabinenfenster, also direkt neben statt vor dem Flugzeug! Leichtes Raunen der Passagiere … Plötzlich macht der Pilot auf engstem Radius einen U-Turn und setzt gekonnt auf. Kein Wunder: Cusco liegt nicht nur auf 3.400 Meter Höhe, sondern ist von zahlreichen Bergen umgeben. So ist das „Eindrehen“ vor jeder Landung völlig normal, wenn auch anspruchsvoll. 

 

Reiseleiterin Susan warnt uns in den ersten Stunden gleich mehrfach: „Geht langsam!“ „Meidet unnötige Anstrengung!“ „Nutzt den Koka-Tee im Hotel!“ In der Tat: Die Höhe macht jedem Neuankömmling zu schaffen. Deshalb bietet jedes Hotel hier, was anderswo Gefängnis einbrächte: Koka-Blätter für den Teeaufguss oder Koka als Bonbons. Damit, so Einheimische, beugt man der gefürchteten Höhenkrankheit vor. Die Crux: Niemand weiß, wen es erwischt: Junge oder Alte, Fitte oder Gebrechliche? Auch durchtrainierte junge Menschen mussten schon absteigen, erzählt Susan. Wir haben Glück. Mit ein wenig Vorsicht (auch kein Bier am Abend!) bleiben wir verschont und können uns der Schönheit Cuscos vom ersten Tag an widmen. Und diese Stadt ist wirklich wunderschön, kein Vergleich zu Lima! 

Marktfrauen in Peru

Die Souvenirverkäufer, immer in farbenprächtiger Tracht, sind an allen Ecken und Enden in Peru anzutreffen. Sie arbeiten von Sonnenauf- bis -untergang. Meist haben die Frauen (es gibt nur wenige Männer als Verkäufer) ihre Vorschulkinder dabei. Was idyllisch wirkt, ist harte Knochenarbeit. Jeder muss seinen Lebensunterhalt selbst verdienen. Arbeitslosengeld oder soziale Unterstützung vom Staat gibt es weder in Peru noch in Bolivien

Sacsayhuaman Festung Cusco

Die Festungsruine Sacsayhuaman ist eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten der Inka-Zeit. Sie liegt drei Kilometer oberhalb von Cusco auf 3.800 Meter Höhe

Cusco ist das indianische Zentrum der Anden oder kurz: die Hauptstadt des früheren Inka-Reichs. Wir spazieren zum Plaza Mayor mit seiner prachtvollen Kathedrale. Sie entstand auf den Ruinen des Inkapalastes und beherbergt so viel Gold wie kaum eine Kathedrale der Welt. Auch hier besticht die Altstadt mit restaurierten Bauten im Kolonialstil.  Wir besuchen Korikancha, den alten Sonnentempel der Inkas. Die Festungsruine Sacsayhuaman, drei Kilometer oberhalb von Cusco, bietet einen Panoramablick auf die Stadt und die umliegenden Berge. Und natürlich sehen wir auch die Ruinenstätten von Tambo Machay, das Bad der Inka, den riesigen Fels Qenqu sowie die Puca Pucara. Tipp für Peru: Kürzen Sie den Aufenthalt in Lima (zwei Tage genügen) zugunsten von Cusco (gern drei, vier Tage). In Cusco verweilen viele Touristen ohnehin etwas länger, ist die Stadt doch auch Ausgangspunkt für den Besuch der alten Inkastadt Machu Picchu.

Inka-Stadt und Weltkulturerbe Mache Picchu

Die alte Inka-Stadt Machu Picchu ist für viele der Hauptgrund einer Südamerika-Reise. Die Fahrt hierher ist selbst aus Cusco noch zeitaufwändig, der Einlass limitiert.

Aber wer dann hier steht und Machu Picchu mit eigenen Augen sieht, weiß ganz sicher: Die weiteste  Anreise hat sich gelohnt!

Wir starten zeitig am nächsten Morgen. Es gibt drei Möglichkeiten, dieses Weltwunder zu erreichen. Alle sind zeitaufwändig, auch wenn die Entfernung von Cusco nach Machu Picchu nur rund 80 Kilometer beträgt: Erstens, mit dem Bus zur Bahnstation Ollantaytambo (zwei Stunden), weiter mit dem Zug zum Dorf Machu Picchu (weitere zwei Stunden), von hier mit den Pendelbussen hinauf zur alten Inka-Stadt (1 Stunde). Zweitens, mit dem Zug von Cusco direkt zum Dorf Machu Picchu (vier Stunden), dann Pendelbus. Drittens, 3 Tage wandern auf dem Inka-Trail.

 

Wir entscheiden uns für Variante eins. Sie ist kostengünstiger als Variante zwei, bei gleichem Zeitaufwand: 9 Stunden gesamt nur für die An- und Abreise. Der mehrtägige Inka-Trail ist für uns ohnehin unmöglich. Für ihn muss man sich monatelang im voraus anmelden. Weitere Begrenzungen sind beim Besuch von Machu Picchu zu überwinden: Täglich werden nur maximal 4.000 Besucher eingelassen. Die UNESCO verlangt sogar ein Limit von 2.800 Touristen täglich. Aber Perus Tourismusmanager sind findig: Sie bieten verschiedene, „abgespeckte“ Wege durch die alte Inka-Stadt an: Damit kommen zwar nicht alle Besucher in der Genuss des Komplett-Rundgangs, aber insgesamt kann mehr Gästen Einlass gewährt werden. Allerdings gilt für alle: Ohne Anmeldung läuft hier nix. Das zwingt auch Individualtouristen, die Dienste von örtlichen Agenturen – etwa in Cusco oder in Ollantaytambo – in Anspruch zu nehmen, wenn sie Machu Picchu besuchen möchten. 

 

26 Pendelbusse verkehren je fünfmal täglich von 8 bis 18 Uhr zwischen Machu Picchu Dorf und der alten Inka-Stadt auf dem Berg. Macht 130 Fahrten hin und wieder zurück über eine nur schotterbefestigte 8 Kilometer lange Serpentinen-Straße. So bringen sie täglich 4.000 Besucher hinauf – und wieder hinunter. 

Und dann sind wir endlich oben: Es ist ein Modewort, aber hier trifft es zu: Der Anblick ist atemberaubend. Wie es den Inkas gelang, zwischen derart spitzen Bergketten hoch oben ohne viel Technik eine solch ausgefeilte Stadt zu erbauen, ist bis heute fast unvorstellbar. Ob sich die zahlreichen Besucher, die mehr mit Selfies als mit dem Anblick der alten Inka-Stadt beschäftigt sind, dies bewusst machen? Ich habe meine Zweifel. Egal, wer Machu Picchu einmal im Leben sehen möchte, sollte es tun. Die weiteste Anreise lohnt sich!

Perurail nach Mache Picchu

Mit dem Zug geht´s nach Machu Picchu, entweder direkt von Cusco oder wie hier von der Station Ollantaytambo. Schnell wird noch geputzt, bevor die Fahrgäste kommen 

PeruRail Panoramawagen

Und weil die gesamte Strecke durch ein wunderschönes Tal führt, gibt es sogar Panoramawagen. Sie bieten beste Ausblicke

Spätabends sind wir zurück in Cusco. Die Nacht wird kurz, denn am nächsten Morgen fahren wir zeitig mit einem öffentlichen Touristenbus über die Anden nach Puno zum Titicacasee. Für die 400 Kilometer benötigt der Bus acht Stunden reine Fahrzeit, mit Stopps werden es zwölf Stunden sein. Erstes Ziel ist Andahuaylillas. Unter sanften Sonnenstrahlen taucht am Vormittag ein kleiner malerischer Ort aus der Kolonialzeit auf. Die weiß-braunen Mauern der Kirche zeugen äußerlich von keiner Besonderheit. Aber das Innere begeistert! Wunderbare Ölgemälde der berühmten Cuscenaschule, erlesene Kasettendecks und mit Fresken ausgemalte Wände prägen den Innenraum der unscheinbaren sogenannten Sixtinische Kapelle Südamerikas. Nächster Stopp sind die Ruinen von Racchi. Wir besichtigen den Tempel Wiracocha. Die erhaltenen Mauern zeugen bis heute von einem imposanten Gebäude. Nachmittags geht es über den Pass bei 4.335 Metern Höhe ins Andenhochland. Hier wohnen nur noch wenige Menschen. An den Straßen finden sich jedoch immer wieder Verkaufsstände mit Taschen, Gürteln, gestrickten Pullovern und Souvenirs. Die Verkäuferinnen, denn meist sind es Frauen, haben wettergegerbte Gesichter.

Sixtinische Kapelle Südamerikas in Andahuaylillas

Großartige Pracht, fotografieren normalerweise verboten: die Sixtinische Kapelle Südamerikas in Andahuaylillas

Der Pass La Raya in den Anden liegt auf 4.335 Meter über dem Meer

Video: Die Ruinen von Racchi im Andenhochland zwischen Cusco und Puno. Wir hatten Glück. Während unseres Besuchs feierten die Dorfbewohner gerade ihr jährliches Fest, mit dem sie die Götter für die kommenden Ernte gnädig stimmen möchten

Der höchste Punkt unserer großen Südamerika-Rundreise durch fünf Länder über 12.000 Kilometer ist erreicht: Der Pass La Raya in den Anden liegt auf 4.335 Meter über dem Meer. Wir schnappen nach Luft, Kokatee hilft ....

Auch am nächsten Morgen müssen wir wieder zeitig raus – 4 Uhr. Denn heute unternehmen wir einen Bootsausflug auf dem Titicacasee. Mit 3.856 Metern ist er der höchste schiffbare See der Welt. Pünktlich 5 Uhr verlässt unser Boot den Hafen von Puno. Das Ziel: die „schwimmenden Inseln“ vor Puno. Hier leben noch immer Ureinwohner. Auf ihren Schilfinseln erhalten sie sich nicht nur die Sitten und Gebräuche ihrer Vorfahren, sondern auch eine an die Umstände angepasste Lebensweise. Sie ernten Schilf, um ihre Inseln zu stabilisieren, wohnen in Häusern ausschließlich aus Naturmaterialien, essen vorzugsweise selbst gefangenen Fisch. Inzwischen unterstützt der Staat Peru die Ureinwohner. Er hat ihnen ein kleines Krankenhaus und selbst einen Sportplatz auf einer der schwimmenden Inseln spendiert. 

Titicacasee Sonnenaufgang

Morgens 5 Uhr, majestätisch schön: Der Titacacasee ist mit 3.856 Metern der höchste schiffbare See der Welt und einer der größten Südamerikas. Er liegt auf der Grenze zwischen Peru und Bolivien in den Anden.  Der Titicacasee gilt als Geburtsort der Inkakultur; an seinen Ufern befinden sich zahlreiche Ruinen. Seine Oberfläche ist extrem ruhig und stark reflektierend

Ureinwohner am Titicacasee

Hier wohnen noch Ureinwohner, die die Sitten und Gebräuche ihrer Vorfahren und deren Lebensweise lebende halten

Schilfernte am Titicacasee

Sie ernten Schilf, um ihre Inseln zu stabilisieren, wohnen in Häusern ausschließlich aus Naturmaterialien, essen vorzugsweise selbst gefangenen Fisch

Zurück in Puno fahren wir drei Stunden mit dem Bus nach Kasani. Der Grenzübergang nach Bolivien ist gewöhnungsbedürftig. Man kann ihn nur zu Fuß passieren. Also heißt es, Gepäck fassen, sich vor einer Garage, die als peruanischer Pass- und Zollstützpunkt dient, in der heißen Mittagssonne anstellen – und warten. Das wäre nicht der Rede wert, gäbe es eine reguläre Schlange. Aber selbst die existiert nicht. Ein Beamtin lässt nach Wohlwollen im 5-Minuten-Takt einzelne Menschen ein, während sich drinnen, vier Zollbeamte langweilen. Nach zwei Stunden haben wir es geschafft. Durchgeschwitzt und einige Mitreisende verbrannt von der Höhensonne laufen wir unter einem überdimensionalen Torbogen nach Bolivien. Er symbolisiert die Grenze. Die Einreiseformalitäten dort sind ein Kinderspiel, bürgen aber eine anderes Hindernis: Man muss tunlichst darauf achten, einen Einreisestempel Bolivians zu erhalten. Ansonsten gibt es bei der Ausreise, egal ob über Land oder am Flughafen, Probleme.  

Kasani, Grenze Peru/Bolivien

Der Grenzübergang Peru-Bolivien in Kasani ist nur für Fußgänger zugelassen. Das stundenlange Anstehen in der Mittagssonne, bevor man zum lustlosen peruanischen Personal durchkommt, ist inklusive. In Bolivien dagegen geht es fix

Titicacasee Sonneninsel
Copacabana Marktfrauen

Die Sonneninsel liegt etwa 60 Minuten vor Copacabana im Titicacasee. Auch hier bestaunen wir wieder Ruinen eines alten Inka-Palastes.

Marktfrauen in Copacabana mit Pflanzen, Süßigkeiten und Getränken: Ohne Sonnenhut und ein gemütliches Schwätzchen geht hier nix

Ein bolivianischer Bus bringt uns die 20 Kilometer hinunter nach Copacabana, ans Ufer des Titicacasees. Wir schlendern über den örtlichen Markt, besteigen wieder ein Boot, dass uns diesmal auf die Sonneninsel, Pilcocaina genannt, bringt. 60 Minuten Überfahrt. Dort genießen wir ein „Apthapi“, ein typisches Aymara-Essen mit herrlichem Ausblick auf die bolivianische Seite des Sees. Es besteht auf verschiedensten Zutaten, die alle in der Mitte eines großen Tischs serviert werden: Süßkartoffeln, gegrillte Bananen, Fisch in verschiedensten Größen und Variationen, Reis, Früchte, Obst, Hühnerfleisch. Auch hier bestaunen wir wieder Ruinen eines alten Inka-Palastes. Weiter soll es zur Mondinsel gehen, um den Tempel der Sonnenjungfrauen Ina Uhu zu besichtigen. Aber das Wetter, vor allem der stark aufkommende Wind, macht uns einen Strich durch die Rechnung. Die kleinen Boote schwanken heftig, ein Motor muckert bedenklich, so dass sich die Schiffsführer für die Rückfahrt nach Copacabana entscheiden. Die folgenden 60 Minuten überstehen Boote, Motoren und Fahrgäste trotz rauem Wind auf offener See unbeschadet.

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Am nächsten Tag geht es weiter nach La Paz, dem Regierungssitz Boliviens (Hauptstadt ist allerdings Sucre!). Zuvor müssen wir aber in Tiquina an der schmalsten Stelle des Titicacasees selbigen überwinden. Alle Fahrgäste müssen dafür den Bus verlassen, der auf einem einfachen Holzfloss verladen und trajektiert wird. Wir Passagiere werden mit mehreren kleinen Booten übergesetzt. Das sieht alles für europäische Augen abenteuerlich aus, aber die Bolivianer wissen, was sie tun. Noch nie sei ein Bus oder Lkw in der Fluten verschwunden, heißt es. Auch heute klappt es reibungslos und vergleichsweise flink. 

Titicacasee Bus übersetzen

In Tiquina an der schmalsten Stelle des Titicacasees wechseln wir ans andere Ufer. Alle Fahrgäste müssen dafür den Bus verlassen. Er wird auf einem einfachen Holzfloss verladen und trajektiert

Video: Das sieht für europäische Augen alles abenteuerlich aus, aber die Bolivianer wissen, was sie tun. Noch nie sei ein Bus oder Lkw in der Fluten verschwunden, versichern sie uns. Auch heute klappt es reibungslos und vergleichsweise flink

Der Großraum La Paz/El Alto hat drei Millionen Einwohner, liegt 3.600 Meter hoch und dennoch in einem Talkessel. Das ist sein Problem. Die Luft ist durch den auch hier chaotischen Verkehr und die Berg-und Tal-Straßen derart verschmutzt, dass einem als Fußgänger zuweilen wirklich die Luft wegbleibt. Deshalb investierten die Stadtväter und der Staat Bolivien 800 Millionen Dollar in ein System aus neun (!) Seilbahnen. Sie verkehren wie anderswo Busse oder Straßenbahnen unermüdlich und auf Linien über mehrere Stationen. Und sie haben Knoten zum Umsteigen. Fahrgäste schweben praktisch über dem Stau hinweg und genießen dabei beste Ausblicke über die Doppelstadt am Berg. Allerdings gibt es einen kleinen Schönheitsfehler: Dem Verkehrschaos wird La Paz/El Alto dennoch nicht Herr. Wenigstens haben Reisende ohne Auto jetzt eine schnelle und umweltfreundliche Beförderungsalternative. Zumal ein Ticket nur umgerechnet 50 Cent kostet, die Tagesnetzkarte 1,50 Euro. Die Seilbahnen sind gut genutzt …

La Paz Seilbahnen

Seilbahnen in La Paz/El Alto: Ein System aus neun Linien und fast 80 Stationen mit großen Umsteigeknoten. Weil die Tickets günstig sind und man am Stau vorbeischwebt, werden sie gern genutzt

In La Paz das gleiche Bild wie zuvor in Lima, Cusco oder Copacabana: Alles Leben findet auf den Straßen statt. Die Gehwege, ohnehin zu schmal für die vielen Menschen, werden durch sich ausbreitende Händler zusätzlich verengt. Es ist überall üblich, sämtliche Waren auf großen Decken oder Tüchern auf den Boden auszubreiten. Immer in der Hoffnung, etwas zu verkaufen. Feil geboten wird alles: Kosmetika, Essen und Getränke, Bekleidung, Messer, Werkzeuge, Prothesen, Brillen, Klobecken – nichts, was nicht vom Fußboden verkauft wird. Jeder scheint mit irgend etwas zu handeln. Kein Wunder: In Peru und Bolivien ist jeder auf ein noch so kleines Einkommen angewiesen. Arbeitslosengeld oder staatliche Unterstützung, wie wir sie kennen, gibt es hier nicht. 

Doppelstadt La Paz/El Alto

Häuser, soweit das Auge reicht: Die Doppelstadt La Paz/El Alto liegt fast 4.000 Meter hoch. Sie kämpft mit dem Verkehrsinfarkt, höchster Luftverschmutzung und (Drogen-)Kriminalität

Besonders ist die Haftanstalt von La Paz. Sie heißt San Pedro und ist einer der berüchtigtsten Massenknäste der Welt. Eine Gefängnisstadt mit Marktständen, Restaurants und einer brutalen Hierarchie. Im Innenhof spielen die Häftlinge Dame, während deren Kinder (ja, hier sitzen ganze Familien ein!), rausgehen, um pünktlich 8 Uhr in der gegenüberliegenden Schule unterrichtet zu werden. Derweil sitzen draußen an der Gefängnismauer auf einer 200 Meter langen Bank Hunderte Frauen. Sie warten stundenlang, bis sie zu ihren Männern eingelassen werden. Im Gefängnis gibt es die „besseren“ und die „schlechteren“ Viertel, es gibt Restaurants und Imbisse, sogar Souvenirhändler und Marktstände. Natürlich gibt es hier auch Crack-Süchtige. Es werden Drogen produziert, die dann regelmäßig draußen vertickert werden. 

Es gibt keine Gitterstäbe, keine Wächter, keine Uniformen. Um die 2.300 Männer sitzen derzeit ein. Gebaut wurde das Gefängnis für rund 300 Häftlinge. Die meisten von ihnen wurden wegen Drogenvergehen inhaftiert, andere wegen Mordes. In dem Gefängnis gibt es acht verschiedene Gebiete oder Bereiche. Das sind kleine Viertel mit Höfen und Baracken. Wer Geld hat, lebt in den guten Vierteln. Hier umfassen die Zellen oft mehrere Räume. Es gibt Fernseher, Gasherde, Kokain und Platz für die Familie. Abends werden in diesen Bereichen die Tore verriegelt. Wer kein Geld hat, findet sich in den armen Sektoren wieder. Hier schlafen die Gefangenen im Dreck. Es gibt dort nichts außer Anarchie. Es gilt das Recht des Stärkeren. Was bei der Kokainherstellung übrig bleibt, Crack, muss in Dollar bezahlt werden. 

In vielen bolivianischen Strafanstalten ist es üblich, dass die Häftlinge in so einem Gefängnisdorf leben. Das Wachpersonal hält sich meist außerhalb der Mauern auf. Die Regierung verkauft das als fortschrittliches, integratives System. Doch in der Realität sind die Haftanstalten im Land überfüllt. Das interne, eigenständige Verwaltungs- und Machtsystem der Häftlinge führt zu Bandenbildung, Drogenhandel und nicht selten zu Gewalt. 

Jedenfalls: Mehrfach "beschwor" man uns, bei der Ausreise aus Bolivien nicht ein Blatt Koka im Gepäck zu haben, selbstverständlich auch keine Koka-Bonbons. Die Knaste in Peru und Bolivien sind berüchtigt.

Drogenhund am Flughafen La Paz

Drogenhund bei der Arbeit .... in La Paz Flughafen. Kurz vor dem Abflug nach Santiago de Chile heißt es: Alles Handgepäck bitte an der Seite abstellen. Mehrfach hatte man uns gewarnt, kein Koka im Gepäck zu haben 

Elektriker in La Paz

Elektriker bei der Arbeit ... in La Paz Stadt. Oberirdische Freileitungen sind hier völlig normal. Die Knäuel der elektrischen Drähte zu verstehen, geistig zu durchdringen und dann auch noch zu reparieren, ist allerdings eine Kunst für sich

Mit Peru und Bolivien haben wir zwei der ärmeren Länder Südamerikas bereist. Auch wenn man stets aufmerksam sein sollte, unsicher fühlten wir uns dabei nie. Die Menschen sind Ausländern gegenüber sehr freundlich, viele Städte und Hotels leben allein von den Touristen. Die Natureindrücke sind gewaltig. Die Anden sind doppelt so hoch und fünfmal so groß wie beispielsweise die Alpen. Auch der Titicacasee übersteigt in seinen Abmessungen die bekannten Binnenseen Europas, etwa den Bodensee, gleich um ein Mehrfaches, von seiner Höhenlage ganz abgesehen. Hinderlich sind lediglich eine mögliche Höhenkrankheit (wir blieben verschont), die Grenzformalitäten und das lästige Geldtauschen (kein Falschgeld andrehen lassen!) 

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Alles Dinge, die man mit der nötigen Aufmerksamkeit und Gelassenheit gut übersteht. (Oktober 2023)

Inka-Verkäuferin in Cusco

Typische Inka-Verkäuferin in Cusco

Wie es auf der großen Südamerika-Rundreise in Chile, Argentinien und Brasilien weitergeht, erfahrt ihr hier:

www.reiseblick-hafner.de/südamerikachileargentinienbrasilien

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Dazu am Ende praktische Tipps für Reisen nach Südamerika.

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