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MegaCities und Regenwald

Südamerika ist ein Kontinent riesiger Kontraste: Santiago de Chile, Buenos Aires und Rio de Janeiro haben jeweils zwischen sechs und zwölf Millionen Einwohner. Die berühmten Wasserfälle von Ignazu im Dreiländereck Argentinien/Brasilien/Paraquay liegen mitten im subtropischen Regenwald. Sie zählen zu den größten der Welt. 

Teil 2 einer großen Rundreise

Rio Copacabana

Der berühmte Copacabana-Strand in Rio de Janeiro: auch bei bedecktem Himmel immer auf Badetemperatur

Von Fred Hafner

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Santiago de Chile. Der Flug von La Paz nach Santiago de Chile führt uns abermals über Lima. Gerade die Mega-Cities mit ihren sechs bis zwölf Millionen Einwohnern verwandeln sich in den Airports zur großen „Menschenmischmaschine“. So fliegt zwischen Lima und Santiago alle 30 Minuten ein großer Jumbo, zwischen Rio de Janeiro und Sao Paulo sogar alle 5 Minuten. Das macht zehn bis zwölf Maschinen pro Stunde und Richtung!

 

Chile gilt gemeinhin als das „Deutschland Südamerikas“. Und wirklich: Bereits auf der Fahrt vom Flughafen ins Stadtzentrum fallen uns die breiten, asphaltierten Straßen auf. Keine Buckelpisten mehr, wie zuvor in Peru und Bolivien. Die ganze Stadt ist fast penibel sauber, die Ampeln sind gerade montiert und funktionieren. Bei Gelb bremsen die Autos bereits ab, während selbst Rot in Peru und Bolivien nur ein „Richtwert“ war. 

Und noch etwas überrascht für südamerikanische Verhältnisse: Ab jetzt halten die Autos wieder an Fußgängerüberwegen für Passanten. Anderswo müssen diese regelmäßig sprinten, um nicht über den Haufen gefahren zu werden.

Santiaog von oben

Santiago de Chile hat 6 Millionen Einwohner und liegt am Fuße der (schneebedeckten) Anden

Santiago höchstes Gebäude
Autobahn Chile

Das Grand Torre Santiago ist mit 300 Metern höchstes Gebäude ganz Südamerikas. Der Turm hat 62 Etagen mit 128.000 Quadratmeter Nutzfläche für Büros. Er ist Symbol des Finanzviertels und heißt im Volksmund "Sanhattan"

Autobahn von Santiago nach Valparaiso: Chile gilt wegen der asphaltierten Straßen und der unbestechlichen Polizei als "Deutschland Südamerikas". Doch es gibt große Unterschiede

Santiago hat mit neun U-Bahn-Linien auch ein funktionierendes Nahverkehrssystem. Dazu Stadt- und Überlandbusse, die längst nicht so überfüllt sind wie anderswo in Südamerika. Doch auch Santiago hat seine Probleme. Von den 18 Millionen Einwohnern Chiles wohnt allein ein Drittel in der Hauptstadt. Die Kriminalität ist hoch. Uns wird dringend empfohlen, nach Einbruch der Dunkelheit im Hotel zu sein. Und richtig: Bereits in der Dämmerung ziehen fast alle Ladenbesitzer Rollläden über die gesamte Schaufensterfront bis zum Boden herunter. Zusätzlich werden sogenannte Scherengitter ausgerollt. Sie werden fest am Boden verschlossen. Das gibt halbwegs Schutz vor Diebstahl und eingeworfenen Scheiben, bietet aber ein trostloses Bild. Dunkle Tristtesse statt Leuchtreklamen und offenen Geschäften bei Dunkelheit, wie wir es kennen.

 

Und: Chile hat nicht nur eine hohe Kriminalität sondern auch große politische Probleme. Auf die 18-jährige Diktatur seit dem Sturz von Salvador Allende 1973 durch die Armeeführung unter General Pinochet (der dafür niemals zur Verantwortung gezogen wurde) folgen seit 1990 wieder demokratische Wahlen. Die Amtsinhaber wechseln zwischen rechts und links, weiten die komplette Privatisierung aber immer mehr aus: Wasser, Energie, Gas, Krankenhäuser, Straßen – alles ist in privater Hand. Das führt zu massiver Teuerung. Am 18. Oktober 2019 gab es dagegen landesweite Proteste mit Toten und Verletzten. Jetzt, exakt vier Jahre später, flammen sie wieder auf. Als wir am 19. Oktober eine breite Allee entlanglaufen, tränen unsere Augen, ständig müssen wir niesen. Jetzt erst stellen wir fest, dass wir fast die einzigen Fußgänger hier sind. Kein Zweifel: Das Tränengas der Polizei von gestern Abend hängt noch in der Luft. 

In Santiago sehen wir ausgedehnte Stadtgebiete mit großen Wellblechhütten. Über zwei Millionen Menschen haben keine feste Unterkunft und leben in diesen Vierteln. Das sind Flüchtlinge aus dem Ausland ebenso wie Chilenen aus dem Umland, die in der Hauptstadt ihr kleines Glück suchen. Viele finden es nie und leben jahrelang in diesen Wellblechhütten … 

Santiago Rolläden und Gitter

Mit Einbruch der Dämmerung machen die Geschäfte in Santiago weitgehend dicht: Rollladen und Scherengitter, fest im Boden verankert, sollen vor Diebstahl und eingeschlagenen Scheiben bewahren

Santiago Deutscher Schuster

"Deutsche" Straße in Santiago: Schuster, Reparaturen, Bücher, Zeitungen

Moneda in Santiago

Schauplatz brutaler Geschichte: mit dem Sturm auf die "Moneda" Amtssitz des demokratisch gewählten Präsidenten von Chile, übernahm eine Militärregierung unter Diktatur Pinochet 1973 für 18 Jahre die Macht im Land

Allende Denkmal Santiago

Hier starb Salvador Allende am 11. September 1973 durch Gewehrkugeln der Armee. Heute hat er direkt vor der Moneda ein eigenes Denkmal und wird als Volksheld verehrt

Im Stadtzentrum wirkt der Regierungspalast „La Moneda“ fast gedrungen. Hier starb Salvador Allende am 11. September 1973 durch Gewehrkugeln der Armee. Zwar gibt es auch eine Selbstmordtheorie, aber diese wird vom Volk nicht für glaubwürdig empfunden. Heute hat Allende direkt vor der Moneda ein eigenes Denkmal und wird als Volksheld verehrt. An der „Alamada“, der Hauptstraße, die ins Zentrum Santiagos führt, steht auch die „Universidad de Chile“, die Kirche San Francisco, die Nationalbibliothek und der Santa Lucia Hügel. Hier wurde die Stadt 1541 gegründet. Mit der Seilbahn fahren wir am Abend auf den San Christobal und genießen eine herrliche Aussicht über die Hauptstadt Chiles. 

Am nächsten Tag geht es rund 120 Kilometer nach Valparaiso, der Hafenstadt mit 260.000 Einwohnern. Sie ist für ihre Hügel mit farbenfrohen Häusern und für ihre steilen Seilbahnen bekannt. La Sebastiana, der eigenwillig gestaltete ehemalige Wohnsitz des chilenischen Dichters Pablo Neruda, beherbergt heute ein Museum. Von hier aus bieten sich weite Ausblicke über den Pazifik. Architektur und Kultur der Stadt sind durch die europäischen Einwanderer aus dem 19. Jahrhundert geprägt. Das zeigt sich vor allem rund um die zentrale Plaza Mayor. 

Was hier in Santiago auf dem Bürgersteig spontan passiert, sieht man vielerorts in Südamerika: Wildfremde Menschen tanzen Tango miteinander. Allerdings: Ganz spontan ist es nicht. Ein Vortänzerpaar gibt die Takte vor. Nach ein paar Minuten wechseln immer wieder die Partner

Valparaiso Strand

Breiter Sandstrand in Valparaiso, 120 Kilometer von Santiago entfernt und direkt am Südpazifik gelegen. Die Stadt gilt auch als bunter Künstlerort ...

Valparaiso buntes Künstlerhaus

... wirklich schön angemalte, farbenfrohe Häuser sieht man vielerorts im Stadtbild. Da stören dann nur noch die Autos

Valparaiso Künstler bemalt Haus

Ihn hier bitte nicht stören: Künstler bei der Arbeit ...

Am nächsten Morgen steht abermals „Fliegen“ auf dem Programm. Heute geht es nach Argentinien, in die Hauptstadt Buenos Aires. Generell gilt in Südamerika, dass man auch Bus fahren kann. Allerdings sind die Entfernungen doch so gewaltig, dass eine Busreise mit 14 bis 20 Stunden für Ausländer mit begrenzter (Urlaubs-)Zeit keine realistische Option ist. Als Student oder Weltenbummler mag es anders sein.

Lima-Santiago Flug

Flughäfen in Südamerika sind immer große "Menschen-Misch-Maschinen". Von Lima nach Santiago gibt es alle 30 Minuten einen Flug je Richtung, von Rio de Janeiro nach Sao Paulo sogar alle 5 Minuten pro Richtung. Eisenbahnen gibt es (fast) nicht, der Bus ist bei den großen Entfernungen nur bedingt eine Alternative

Flug Santiago über die Anden

Die Flugstrecke von Santiago nach Buenos Aires hat eine Besonderheit: Weil die chilenische Hauptstadt direkt am Fuße der Anden liegt, müssen die Piloten zunächst 100 km südlich fliegen, um an Höhe zu gewinnen. Erst dann wird Richtung Westen gedreht, um das bis zu 6.900 Meter hohe Gebirge zu überwinden

Der Flug von Santiago de Chile nach Buenos Aires ist spektakulär. Denn er führt gleich hinter der Hauptstadt Chiles einmal quer über die Anden. Die Piloten müssen ihre Maschinen allerdings zunächst 100 Kilometer südlich steuern, um Höhe zu gewinnen. Erst dann biegt der Kurs nach Westen über die bis zu 6.900 Meter hohen Anden ab. Der Anblick der schneebedeckten Gipfel, noch dazu „zum Anfassen“ nahe, ist beeindruckend. Selbst die Vielflieger unter den Einheimischen schauen gebannt durchs Fenster. 

Buenos Aires buntes Haus

Schön bunt bemalte Häuser gibt es auch in Buenos Aires. Nur dass dann noch die Fußballer verehrt werden, so wie hier Lionel Messi, der auf dem Balkon steht und zu allen Passanten herunterwinkt

Buenos Aires Hafenpromenade

Die Hafenpromenade von Buenos Aires: moderne Wohn- und Bürobauten, schicke Restaurants sowie blühende Bäume und Sträucher. Schließlich sind wir im Oktober im Frühling

Während die Einreise nach Chile vor ein paar Tagen anscheinend eine peinlichste Befragung samt minutenlangem „Herumtippen“ der Passbeamtin auf ihrem PC und dazu noch ein „Emigration-Zertifikat“ erforderte, geht es jetzt in Argentinien vergleichsweise schnell. Schon zwanzig Minuten nach der Landung sind wir auf dem Weg Richtung Stadtzentrum und Hotel. Buenos Aires strahlt Energie aus. Die pulsierende Metropole ist eine der elegantesten ganz Lateinamerikas. Die Stadt brodelt an allen Ecken und Enden. Legendär sind spontane Tango-Einlagen mitten auf der Straße oder in Wohnvierteln, aber ebenso auch die Armut in der Stadt. Das Währungschaos ist „perfekt“. Während der offizielle Kreditkartenkurs bei 1 zu 380 liegt, erhält man bei Straßenhändlern für einen Euro 1.100 Pesos! Das heißt zweierlei: Möglichst nicht mit Karte zahlen, aber bitte auch kein Falschgeld andrehen lassen! 

Argentinien weist seit 2006, also seit fast 20 Jahren, eine Inflation von 130 bis 140 Prozent aus. Pro Jahr! Die Inflation ist komplett außer Kontrolle. 45 Prozent aller Menschen in dem Land leben mittlerweile unter dem Existenzminimum. Und so sind die Unterschiede zwischen Arm und Reich überall offensichtlich, vielleicht am drastischsten in ganz Südamerika. Während die Schaufenster in der Fußgängerzone „Florida“ zum Bersten gefüllt sind, schlafen allein hier im feinen Viertel von Buenos Aires Hunderte Obdachlose auf Pappen. Am Rande der Stadt gibt es große Armensiedlungen, vor allem in Hafennähe. Aber auch hier wieder der krasse Gegensatz: ein schickes Hafenviertel mit modernen Bürogebäuden, Wohnungen und noblen Restaurants, die auch gut frequentiert sind.  

Buenos Aires Metropolitan Kathedrale

Die Metropolitan-Kathedrale von Buenos Aires ist auch Sitz des Erzbischofs

Buenos Aires Präsidentensitz Casa Rosada
Buenos Aires Wachablösung

Der berühmte Plaza de Mayo von Buenos Aires mit Blick auf den Präsidentensitz, die Casa Rosada

Die Wachablösung kommt gerade recht

Wir besuchen die Avenida de Mayo, die in den berühmten Plaza de Mayo mündet. Hier stehen die Casa Rosada, der heutige Regierungssitz, die ehemalige Festung, das alte Rathaus und die Metropolitan-Kathedrale. Letztere ist Sitz des Erzbischofs. Das historische San Telmo erkunden wir zu Fuß. Es ist das älteste Viertel von Buenos Aires, mit kopfsteingepflasterten Straßen und zahlreichen, traditionellen Antiquitätenläden. Weiter geht es in das farbenprächtigste Viertel La Boca. An der bekannten Künstlerstraße El Caminito bieten Maler ihre berühmten Tango-Bilder zum Kauf an. Wussten Sie, dass es in Buenos Aires die breiteste Straße der Welt gibt? Die „Avenida 9 de Julio“ ist 140 Meter breit und besteht aus 16 Fahrspuren! Hier steht u.a. das Theater Colon, eines der berühmtesten und erfolgreichsten Opernhäuser der Welt.

Buenos Aires breiteste Strasse der Welt

Die „Avenida 9 de Julio“ ist 140 Meter breit und besteht aus 16 Fahrspuren! Sie gilt als breiteste Straße der Welt

Buenos Aires Friedhof Recoleta

Der Friedhof im Stadtteil Recoleta gilt als einer der beeindruckendsten Monumente argentinischer Vergangenheit. Die Mausoleen, Pantheons und Gruften spiegeln diverse architektonische Stilrichtungen wider, die Argentinien als Nation in sich vereint 

Buenos Aires Tango auf der Straße

Leben und Tod immer ganz nah beieinander, Hauptsache viel Emotion: Nebenan wird schon wieder – und ganz privat – Tango getanzt

Buenos Aires hat viele grüne Viertel, schöne Parks, künstliche Seen, einen Zoologischen und einen Botanischen Garten, die argentinische Pferderennbahn und ein nationales Polofeld. Das gepflegteste Stadtviertel ist zweifellos das aristokratische Recoleta. Hier wohnt die wohlhabende Bevölkerung. Jahrhundertealte Bäume säumen elegante Straßen vorbei am Kulturzentrum zum eleganten Friedhof. Er ist einer der beeindruckendsten Monumenten argentinischer Vergangenheit. Die Mausoleen, Pantheons und Gruften spiegeln diverse architektonische Stilrichtungen wider, die Argentinien als Nation in sich vereint. 

Buenos Aires San Telmo
San Telmo2

Das historische San Telmo erkunden wir zu Fuß. Es ist das älteste Viertel von Buenos Aires, mit kopfsteingepflasterten Straßen und zahlreichen, traditionellen Antiquitätenläden sowie jeder Menge Kneipen und Cafes​

Buenos Aires Grillfleisch auf Straße
Buenos Aires Fleischer

Fleisch und Gegrilltes gibt es wirklich an allen Ecken und Enden der Stadt ....

... und natürlich auch beim Fleischer. Dort aber wird es dann gleich in so großen Paketen verpackt, dass diese vor dem Verkaufstresen platziert werden müssen

Buenos Aires vergitterter Laden

Die Kehrseite auch hier wieder: Abends wird wie in Santiago auch in Buenos Aires alles verriegelt und verrammelt. Die Angestellten verlassen später durch ein Mini-Tor gebückt den Laden

Von der Großstadt in den Dschungel: nach Lima, La Paz, Santiago, Valparaiso und Buenos Aires brauchen wir Natur und frische Luft. Wir fliegen zum Nationalpark Iguazu mit seinen weltberühmten Wasserfällen. Das Städte- und Dreiländereck Puerto Iguazu, Argentinien, 35.000 Einwohner / Foz de Iguacu, Braslilien, 260.000 Einwohner / Ciudad del Este, Paraguay, 550.000 Einwohner lebt hauptsächlich von Tourismus, also von den Wasserfällen samt seinem Nationalparks auf argentinischer und auf brasilianischer Seite. An den breiten Ausfallstraßen finden sich viele große Hotelbauten – industrieller Tourismus in Reinkultur …

 

Aber dann die Wasserfälle! Sie entschädigen für alles: Auf einer Fläche von 2,7 Kilometer Breite (!) stürzen unzählige Fälle zu Tal: breitere, schmalere, mal tiefer, mal nur eine oder zwei Stufe(n). Das Ganze läuft kaskadenförmig und ist mit den Augen in Gänze kaum zu erfassen. Insgesamt gibt es 20 größere und 255 kleinere Wasserfälle, bis zu 82 Meter hoch. Die Wassermenge an den Fällen schwankt von 1.500  bis 10.500 Kubikmeter pro Sekunde. In den Tagen nach unserem Besuch mussten die Fälle übrigens komplett für Besucher gesperrt werden. Hochwasser hatte sie auf 19.000 Kubikmeter Wasser pro Sekunde anschwellen lassen …

Wasserfälle Ignazu

Diese Ignazu-Wasserfälle sind so riesig, dass sie mit den Augen nie gänzlich zu erfassen sind: Auf einer Fläche von 2,7 Kilometer Breite (!) stürzen unzählige Fälle zu Tal: breitere, schmalere, mal tiefer, mal nur eine oder zwei Stufe(n). Das Ganze läuft kaskadenförmig. Insgesamt gibt es 20 größere und 255 kleinere Wasserfälle, bis zu 82 Meter hoch. Die Wassermenge an den Fällen schwankt von 1.500  bis 10.500 Kubikmeter pro Sekunde

Und als Video: Es vermittelt eine Ahnung von den Ausmassen dieser Wasserfälle. Die Menschen auf den hier gezeigten "Wanderwegen" werden übrigens von Kopf bis Fuß "klitschnass". Sie  mögen's trotzdem ...

Obwohl sich das Gebiet touristisch gemeinsam über die Wasserfälle vermarktet, erwarteten uns auch hier wieder aufwändige Grenzkontrollen. Und was für welche! Auf argentinischer Seite Pässe einsammeln, eine Stunde warten, dann wieder Passausgabe. Auf brasilianischer Seite alle raus aus dem Bus, in langer Reihe anstellen, gnädigst Stempel empfangen, nach ebenfalls einer Stunde Weiterfahrt. Wenn man zweimal zwei Stunden allein an der brasilianisch/argentinischen Grenze verbringt, wird aus einem Vier-Stunden-Trip zu den Wasserfällen ein Ganztagsausflug von acht Stunden. Die Grenze nach Paraguay haben wir gleich gar nicht probiert, nach 15 Uhr fährt kein Linienbus mehr, sagte man uns. 

Der Nationalpark Ignazu ist schön angelegt, piekfein und sauber, die Wege befestigt. Aufpassen sollte man dennoch: Überall laufen Nasenbären und auch kleine Affen frei herum. Sie sind immer auf Futtersuche und dabei nicht fein. Schwere Verletzungen durch ihre Krallen können folgen, daher gibt es überall drastisch bebilderte Warnschilder. „Essen nur im Käfig“ schärfte uns der Nationalparkführer ein. Wo anderswo im Zoo die Tiere hinter Gitter sind, fanden wir uns beim Mittagsimbiss selbst im Käfig wieder. Eine durchaus neue Erfahrung …

Essen nur hinter Gitter im Nationalpark Ignazu

Verkehrte Welt: Im Nationalpark Ignazu essen und trinken die Menschen hinter Gittern, nicht die Tiere

bissiger Nasenbär im Nationalpark Ignazu

Der Nasenbär: Wegen ihm wird strengstens und mit drastischen Wunden auf Bildern überall im Park davor gewarnt, außerhalb der Gitter zu essen oder zu trinken. Es gibt hier Tausende Nasenbären. Ohne Essen und Trinken sind sie ganz friedlich

Warntafel vor Tierbissen im Nationalpark Ignazu
Affe im Nationalpark Ignazu
Kröte  im Nationalpark Ignazu

Andere Tiere gibt es natürlich auch: Hier "Kermit", "King Kong" und eine Exe. Sieht alles gefährlicher aus, als es ist. Zum Glück gibt es keine Schlangen ...

Echse  im Nationalpark Ignazu

So eindrucksvoll die Wasserfälle sind, zwei bis drei Tage Aufenthalt genügen. Wobei man sie durchaus nicht nur von argentinischer sondern auch von brasilianischer Seite besichtigen sollte. Letztere ist wegen ihrer Höhenlage noch eindrucksvoller und bietet mit einem Panoramaaufzug direkt an einem der größten Fälle auch einen besonderen Höhepunkt. 

Rio de Janeiro bei Nacht Blick vom Zuckerhut

Blick vom Zuckerhut auf Rio in der Dämmerung: ganz links der Copacabana-Strand, auf dem ersten Berg ganz vorn im Bild die Zwischenstation der Seilbahn, dahinter mittig und rechts die zerklüftete Stadt mit ihren zahlreichen Buchten

Seilbahn Zuckerhut Buenos Aires

Mit einer modernen Kabinenseilbahn für je 65 Menschen geht es in zwei Sektionen auf den nur 391 Meter hohen Zuckerhut. Es ist schon die vierte Seilbahn, die erste fuhr bereits 1912 hinauf. Die Gondeln sind je drei Minuten unterwegs, um in beiden Sektionen die gleiche Fahrtzeit und Leistung (1.150 Menschen/Stunde) zu erreichen.

Rio Christus der Erlöser

Die zweite große Attraktion von Rio: Cristo Redentor ("Christus, der Erlöser“) auf dem Berg Corcovado, 709 Meter hoch. Die Statue ist 30 Meter hoch und blickt auf den Zuckerhut hinab. Herauf fährt eine Standseilbahn 

Auf zur letzten Etappe unserer großen Südamerika-Rundreise: Rio den Janeiro. Mit Zuckerhut und Copacabana Sehnsuchtsort von Kindheitstagen an. Vorweg: Mit 34 Grad (Wasser 25 Grad) erlebten wir die Stadt auch im Oktober tropisch. Die breiten Sandstrände halten, was sie versprechen.  Dem Körperkult huldigen die Brasilianer weiterhin bis in die Dunkelheit hinein. Auch wenn Beobachter sagen, vor Corona war das alles noch viel ausgeprägter. Sie machen „Leibesübungen“ und „Zirkeltraining“, gern auch mit persönlichem Trainer, am Strand, während andere direkt daneben in Strandbars ihr Bier genießen. 

 

Rio ist eine zerklüftete Stadt – mit vielen Stränden, Buchten, spitzen Bergen. Die Zahnradbahn auf den 711 Meter hohen Corcovado (deutsch: „Der Bucklige“) zur Christoph Statue und die beiden Seilbahnen auf den 396 Meter hohen Zuckerhut zeugen davon. Doch Achtung: Auch wenn die Höhen vergleichsweise gering sind, liegen beide Bergspitzen häufig im Nebel. Der sich dann aber auch sehr schnell wieder verzieht. Am besten, hochfahren und sich in Geduld üben. Irgendwann ergibt sich der berühmte Fotoblick.

Rio Körperkult an Copacabana

Harte Gegensätze auch in Rio: Maximaler Körperkult mit Personaltrainer am Strand der Copacabana selbst nach Sonnenuntergang bis spätnachts hinein. Auf der anderen Seite der Stadt die Armensiedlungen, Favelas genannt, hinter einer Betonmauer

Rio Favela Armenviertel

Rio als Stadt ist nicht allzu spektakulär, vor allem im Vergleich mit Buenos Aires. Natürlich gibt es auch hier ein Zentrum mit Opernhaus, Nationalbibliothek, Candelaria-Kirche und dem berühmten Fußballstadion Maracana. Bei seiner Fertigstellung 1950 fasste es 200.000 Zuschauer, heute finden noch etwa 80.000 Menschen hier Platz. Aber: Rio hat den größten und besten Karneval der Welt! Die vielfarbige Parade der Sambaschulen gehört zu den aufwändigsten Festen der Erde. Anders als üblich findet der Karneval in Rio aber nicht als Straßenumzug statt, sondern auf einem extra Parcour vor rund 700 Meter langen beidseitigen Tribünen, im sogenannten Sambódromo. Hier finden ca. 80.000 Zuschauer Platz. Die Karten sind extrem teuer – und dennoch jedes Jahr heiß begehrt.

Rio Maracana Stadion

Zwei Dinge vereint Arm und Reich gleichermaßen: Der Fußball, hier das Maracana-Stadion ...

Rio Karneval Hochburg Sambodromo

... und der Karneval, hier das Sambódromo mit seinen 80.000 Plätzen

Fazit: Fünf Länder, drei Wochen, 33.000 Kilometer (davon 21.000 Hin- und Rückflug nach/von Sao Paulo) liegen hinter uns. Die Eindrücke sind zahlreich, teils unerwartet, auch überwältigend. Südamerika ist ein Kontinent mit überschäumender Energie, aber auch mit großen Problemen. Reich an Rohstoffen und gut ausgebildeten Menschen könnte es vor allem die Armut längst überwunden haben.

 

Als Europäer mit unseren durchaus ambivalenten Meinungen zur Brüsseler Bürokratie empfindet man nach so einer Reise den Euro als einheitliches Geld und die offenen Grenzen innerhalb der EU als Segen. Die vielen Grenzkontrollen und Geldumtausche erschweren Reisen in Südamerika, machen sie vor allem zeitaufwändiger. Hingegen: Die vielfach beschworene Sorge vor Kriminalität in diesem Kontinent ist fehl am Platz, sofern man sich an ein paar Grundregeln hält. Und freundlich zu Besuchern und Touristen sind die Menschen (fast) überall in Südamerika, egal, auf wen wir trafen. (Oktober 2023)

Video: Blick von Zuckerhut. Auch wenn nicht immer eitel Sonnenschein, Rio ist einzigartig auf der Welt

INFOS UND TIPPS:

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Anreise: 

1. Flug von Frankfurt nach Sao Paulo, Rio de Janeiro oder Buenos Aires.

2. Flug von Amsterdam, Paris oder Madrid direkt nach Lima (dt. Zubringerflüge).

Es empfiehlt sich, eine Airline zu wählen, mit deren Partnergesellschaften man auch die zahlreichen Flüge innerhalb Südamerikas unternimmt. Das vereinfacht die Abwicklung und senkt den Preis.

(Die CO2-Belastung der Flüge wird auf Wunsch gegen Aufpreis ausgeglichen.)

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Für die Ein- und Ausreise genügt für alle fünf Länder ein EU-Pass ohne Visum bis 90 Tage.

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Reisezeitraum:

ganzjährig

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Geld:

Kreditkarte(n), Euro und Dollar in kleinen Scheinen

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Internet:

WLAN flächendeckend in den Hotels, Telefonie nach Deutschland je nach Anbieter unterschiedlich, aber immer sehr teuer. Besser abends über Facetime oder WhatsApp mit daheim reden

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Fettnäpfchen bzw. bloß nicht:

1. Geduld verlieren – etwa bei Stromausfall, kaltem Duschwasser, Flugverspätung, Straßensperrung

2. Fotografieren, ohne zu fragen

3. Getrennt bezahlen (bringt Kellner zur Verzweiflung!)

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Sicherheit:

1. Wertsachen immer im Hotel lassen.

2. Bei Dunkelheit im Hotel zurück sein

3. bestimmte Viertel im Alleingang meiden

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Trinkgeld:

Beim Bezahlen mit Karte kommt ein Button: 10, 20 oder 30 Prozent Trinkgeld?

Mit 10 Prozent liegt man richtig, aber die sollte man auch immer geben!

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Preise:

Bei Veranstaltern ab 4.000 Euro für 16 bis 19 Tage, eher steigend. 

Wenn man alles mit einer Reise besuchen möchte, kommt man individuell kaum günstiger. Wenn man nur ein oder zwei Länder besucht, können 2.000 bis 3000 Euro reichen.

Essen und Hotels vor Ort sind in Peru und Bolivien günstig, in Chile, Argentinien und Brasilien hingegen auf europäischem Niveau.

Wichtig für Individualreisende: Für den Besuch von Machu Picchu benötigt man immer die Hilfe einer (örtlichen) Agentur.

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Buchungsmöglichkeit für verschiedene Südamerika-Variationen u.a. hier:

www.berge-meer.de

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