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Glockentanz und Mummenschanz

Der Kvarner Karneval ist einmalig in Europa. Deshalb zählt er sogar zum

Unesco-Weltkulturerbe. Damit wird ein ganz besonderer Fasching ausgezeichnet.

Die nördlichste Küstenregion Kroatiens ist mit mondänen Hafenstädten wie Opatija und Rijeka, pittoresken Bergdörfern im Hinterland sowie ihrer vorgelagerten Inselwelt ein beliebtes Ganzjahres-Reiseziel 

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Von Fred Hafner

Rijeka/Opatija. Karnevalsfeiern geraten immer opulent: ob in Köln und Düsseldorf am Rhein, in Frankfurt am Main, in Singen in Baden-Württemberg oder auch in Cottbus in der Lausitz – die Narren „regieren“ vielerorts ein paar Tage im Februar. Auch europaweit übernehmen sie das Zepter. Allerdings gibt es auf unserem Kontinent einen ganz besonderen Karneval, der sogar ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen wurde: der Kvarner Karneval in der nördlichsten Region Kroatiens. 

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Karneval in Rijeka: mit 10.000 Teilnehmern und 100.000 Zuschauern einer der spektakulärsten Europas

Die jahrhundertealte Karnevalstradition in der kroatischen Hafenstadt Rijeka sucht ihresgleichen. Der Umzug mit mehr als 10.000 verkleideten Teilnehmern und mehr als 100.000 Zuschauern ist einer der größten und spektakulärsten in Europa. Ein außergewöhnliches Erlebnis ist zuvor der Auftritt der sogenannten Zvoncari (sprich: Swonschari), übersetzt „Glockenträger“ beim großen Umzug mit allen Zvoncari-Gruppen in Matulji. Die Gemeinde liegt wenige Kilometer oberhalb von Rijeka und Opatija in den Bergen Kroatiens. Matuljis berühmteste Karnevalsgruppen sind mit ihrer jahrhundertealten Tradition Teil des immateriellen Kulturerbes der UNESCO.

Der Umzug in Rijeka geht über 12 Stunden und bis tief in die Nacht hinein. Farbenpracht und Musikklänge zeigen die unbändige Lebensfreude der Kroaten und vieler Zugereister

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Motivwagen gibt es zuhauf. Es wird getanzt, gesungen und reichlich getrunken. Alles bleibt friedlich und familientauglich

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Einer der seltenen Momente während des stundenlangen Umzugs bis tief in die Nacht: zwischendurch müssen sich die Närrinnen und Narren natürlich auch mal ausruhen 

Wochenlang haben die Frauen Blüten aus Kreppband gebastelt und die Hüte ihrer Söhne und Männer damit geschmückt. Schaffelle und Tiermasken wurden gewaschen und gekämmt, hunderte Glocken auf Hochglanz poliert. Weiße Hosen, rote Halstücher und blau-weiß-geringelte T-Shirts liegen frisch gestärkt bereit. Der »Presnac«, ein Kuchen aus Brot, Rosinen, Butter, Äpfeln, Milch und Zimt verströmt seinen Duft im ganzen Haus. Dennoch: Die Hauptrolle spielen die Männer, die Zvončari, übersetzt "Glockenträger".

Der Name Glockenträger erklärt sich beim Erleben eines Umzugs sofort: Das rhythmische Läuten der am Gürtel befestigten Glocken dringt dabei durch Mark und Bein. Gesteuert wird es durch einen speziellen Gang der Männer sowie durch rituelle Tänze. Die Einheimischen können die verschiedenen Gruppen an der Art des Glockenklangs erkennen. Acht Dörfer stellen die »echten« Zvončari, deren Tradition weit in die Vergangenheit reicht. Sie sollen als Fruchtbarkeitsrituale überall im Alpen-Adria-Raum den Winter austreiben. Damals waren die meisten Kvarner Bewohner Viehhirten, woraus sich die Bekleidung mit Schaffell ergibt. 

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Der Karneval in Matulje ist Unesco-Weltkulturerbe. Die Dörfer oberhalb der Adria wetteifern alljährlich um die schönsten Kostüme

Der Name Glockenträger erklärt sich beim Umzug sofort: Das rhythmische Läuten der am Gürtel befestigten Glocken dringt durch Mark und Bein. Gesteuert wird es durch einen speziellen Gang der Männer sowie durch rituelle Tänze. Die Einheimischen können die verschiedenen Gruppen an der Art des Glockenklangs erkennen

Zvončari zu sein, gilt als große Ehre. Es ist nur den volljährigen Männern vorbehalten, von denen bereits ein Elternteil im Heimatort geboren wurde. Dabei hat jedes Dorf eine andere Kostümierung. Es gibt die Halubajski- und Grobnički-Zvončari mit grimmigen Tiermasken, die blumengeschmückten Rukavački- und Zvonejski-Zvončari sowie die Munski- und Žejanski-Zvončari. Deren Kreppbandhüte reichen vom Scheitel bis zur Sohle. Begleitet werden alle von den sogenannten Partenjaki (Kinder und Frauen), einem Zeremonienmeister, Musikanten und, je nach Dorftradition, von Teufel, Bär und tattrigen alten Weibern, die ebenso von Männern gespielt werden.

Die jährlichen Rituale beginnen bereits im Januar. Dann zieht sonntags die erste Gruppe über eine festgelegte Strecke von Dorf zu Dorf. An den folgenden Faschingssonntagen bestreitet jeweils eine andere Gruppe eine weitere Route. Die Märsche sind anstrengend und etwa 40 km lang. Besucher sind zu dieser Zeit in den zehn traditionellen Dörfern Bregi, Brgud, Kastav, Grobnik, Mučići, Zejane, Mune, Rukavac, Zvoneca und Halubje willkommen. Zwar sind die Halubajski Zvončari mit ihren charakteristischen Tiermasken am berühmtesten. Aber alle Gruppen sind in das Unesco-Weltkulturerbe aufgenommen und damit Teil dessen!

Kurzzeitig kann es auch mal brenzlig werden: Wer sich als Zuschauer oder Fotograf in den inneren Kreis der Glockenträger wagt, auch gern mal eingekesselt

In Rijeka wiederum beginnt der Reigen der Veranstaltungen mit dem Festumzug der Karnevalskönigin. Sie hat mehr als 100.000 Einwohner, ist die drittgrößte Stadt Kroatiens und gilt als das Tor zu den mehr als 1.000 Inseln Landes. Die Hauptpromenade Korzo ist von Gebäuden aus der habsburgischen Ära gesäumt. Das nahe gelegene kroatische Nationaltheater Ivan pl. Zajc stammt aus dem 19. Jahrhundert und verfügt über Deckengemälde von Gustav Klimt. Die auf einem Hügel gelegene Burganlage Trsat, zu der eine religiöse Stätte gehört, bietet einen weiten Blick auf die Inseln der Kvarner Bucht.

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Rijeka zweimal aus der Luft: Das Hafengelände und die breite Prachtstraße am Wasser, die durch Land aufschütten erst entstanden ist. Auch außerhalb des Karnevals ist die größte kroatische Hafenstadt jederzeit eine Reise wert

Rijeka und Opatija sind auch außerhalb der Karnevalssaison allemal einen Besuch wert. Am besten außerhalb der Hochsaison, im Frühling oder Herbst. Und selbst im Winter sind die Temperaturen angenehm. Dank der Meeresbrise bleibt es immer relativ warm, Minusgrade gibt es praktisch nicht. Die Hotelpreise sind günstiger als im Sommer, die Straßen nicht zu voll zum gemütlichen Schlendern, Spazieren und Staunen. Denn dazu gibt es hier reichlich Gelegenheit: Die Norden Kroatiens war bedingt durch seine Lage am Meer und seinen Übergang zwischen Nord- und Südeuropa auch immer eine betuchte Region. Das sieht man heute noch: Viele prachtvolle Fassaden schmücken Rijeka und Opatija. In der schönen, kleinen Altstädten finden Kulturliebhaber eine Reihe von interessanten Museen, Galerien und alten Gebäuden, die auf eine gehobene historische Bedeutung weisen. Sie sind detailreich restauriert, prächtig saniert. Und man kann in diesen Häusern, von denen viele heute Hotels sind, gemütlich wohnen. Es gibt eine hohe Dichte von 5*-Hotels (Empfehlungen am Ende des Textes), aber ebenso charmante 4*-Häuser mit Flair. 

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Das kroatische Nationaltheater in Rijeka. Karten gibt es ab 15 Euro!

Entlang der Adria zieht sich die Franz-Joseph-Küstenpromenade. Dieser sich schlängelnde Fußgängerweg, Lungomare genannt, führt die Spaziergänger in eine Zeit zurück, als Kaiser, Könige, Künstler und Nobelpreisträger hier lustwandelten. Die von 1888 bis 1911 erbaute Promenade verbindet auf fast zehn Kilometern Volosko über Opatija mit Lovran. 

Natürlich kann der Besucher der Region Kvarner immer die üppige Natur unten am Meer (Palmen!) und oben am Berg, etwa im Nationalpark Ucka, bestaunen. Oder aber sich aktiv zahlreichen Sportarten (u.a. Wandern, Radfahren, Gleitschirmfliegen, Segeln, Tauchen, Drachenfliegen, stand-up-paddeln, Windsurfen) widmen. Am meisten aber kann er oder sie – Genießen! 

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Der Hafen in Opatija ist gegenüber Rijeka natürlich klein. Schließlich leben hier nur 10.000 Einwohner

Allerdings sind die Lage Opatijas am Meer sowie die historische Bausubstanz der Stadt beeindruckend.

Das kristallklare Wasser gibt es als Zugabe jederzeit an jedem Ort der Stadt dazu

Kvarner ist eine Genießerregion. Bei Speisen und Getränken legen die Bewohner größten Wert auf einheimische, regionale Produkte. Ob Olivenöl, Honig, fangfrischem Fisch und Kvarner Scampis, hausgeschlachtetem Fleisch, Rohschinken, Wein.

Die Qualitätsmerkmale heißen: "Kvarner Food für Konobas, Kvarner Gourmet und Kvarner Wines." Die Gäste profitieren gleich mehrfach: durch höchste Qualität, kulinarische Neuentdeckungen und dabei noch immer akzeptable Preise. Das gilt längst nicht nur für die führenden, großen Hotels, sondern ebenso in vielen Konobas. Das sind kleine, inhabergeführte Schenken oder Gaststätten. Es lohnt sich, sowohl an der Küste als auch in den Bergdörfern nach Konobas Ausschau zu halten. Praktisch: Viele dieser kleinen, historischen Häuser bieten auch gleich Zimmer mit an. Man kann also direkt am Wasser übernachten, muss es aber nicht. In den vielen kleinen Bergdörfern oberhalb von Rijeka oder Opatija finden sich gemütliche Konobas mit Übernachtungsmöglichkeiten, natürlich ebenfalls schick renoviert und mit zeitgemäßem Komfort. Und gefeiert wird dort auch: So gibt es in Kastav, ein paar Kilometer oberhalb von Rijeka und Opatija, das dreitätige traditionelle Jungweinfest „Bela Nedeja“ (Weißer Sonntag). Hier genießen Einheimische und Besucher den jungen Weißwein Belica. Das Fest wird seit mehr als 600 Jahren immer am ersten Oktoberwochenende begangen. Ganzjährig locken in der Region Kvarner Konzerte, Theateraufführungen (ein Karte im Theater in Rijeka ist für 15 Euro zu haben!), der Kvarner Kultursommer, Festivals und andere Veranstaltungsreihen. 

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Die Markthalle von Opatija ist zwar klein, bietet aber alles, was man benötigt – und vor allem beste Qualitäten: Fisch, Obst, Gemüse, Fleisch. Die Bewohner der Küstenregion sind Genießer. Sie legen größten Wert auf qualitätsgerechte einheimische Produkte

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Deser Genuss hat im Kvarner jahrhundertealte Tradion, wie dieses historische Motiv direkt vor der Markthalle zeigt

"Velika placa", der große Platz mit dem Stadtmarkt von Rijeka, gilt als „Bauch der Region“. Welche Adriafische, Gemüsesorten und Früchte gerade Saison haben, lässt sich hier auf den Märkten rasch ermitteln und in den umliegenden Konobas marktfrisch genießen. Die schöne Jugendstil-Fischhalle offeriert das gesamte Angebot.

Schade, dass Rijeka den Titel als „Kulturhauptstadt Europas 2020“ wegen der Pandemie nicht vollständig ausschöpfen konnte. Mehr als 1.000 Events waren geplant … Dennoch: Viele Investitionen wurden angestoßen, von denen Rijeka heute zehrt. So begann endlich die Sanierung des Jahre verwaisten Benecic-Industriekomplexes. Es beheimatet jetzt u.a. das Stadtmuseum in der ehemaligen Zuckerfabrik. Und die einstige Tabakfabrik birgt heute das Museum für moderne und zeitgenössische Kunst. Übrigens: Rijeka war im 19. Jahrhundert das „silicon valley“ Kroatiens. Zuckerrohr spielte eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung der Hafenstadt. Die Produkte der lokalen Papierfabrik wurden in über 50 Länder weltweit exportiert. Und: In Rijeka wurden die Torpedos erfunden. Das alles und noch viel mehr erfährt der Besucher im wirklich interessanten Stadtmuseum. Man sollte dafür Zeit einplanen. 

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Kaffeehaus in Opatija: Die Törtchen, Kuchen und Desserts sind selbstverständlich alle hausgemacht

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Der Blick entlang der Kolonnaden ist ohne Übertreibung wunderschön. Die Habsburger-Zeiten grüßen auf Schritt und Tritt

Natürlich ist die Region um Rijeka und Opatija auch das Sprungbrett für die vorgelagerte Inselwelt: Krk, Cres, Losinj und Rab laden Besucher und Touristen ebenso zum Entdecken und Genießen ein. Und dann befindet man sich immer noch in der Region Kvarner, was die gesamte Vielfalt der Region zeigt. Aber die Inselwelt zu erleben – das benötigt Zeit und ist wieder eine andere Geschichte …. (Februar 2024) 

 

(Fotos: A.R.T. Redaktionsbüro, Fred Hafner)

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Sympathisch: Die Region Kvarner steht nicht nur zu ihrer jahrhundertelangen Tradition, sondern auch zu ihrer unmittelbaren (sozialistischen) Vergangenheit. Seinen Kaffee kann man mit Blick auf die Adria immer noch gern in der zentralen "Tito"-Straße genießen, nach dem Namen des damaligen Staatschefs Jugoslawiens benannt

Buchungen und Infos:

www.tzmatulji.hr

Anreise: 

Auto: über München–Salzburg–Tauernautobahn–Ljubljana oder über Passau–Graz–Zagreb nach Rijeka und Opatija 

Zug: über München–Ljubljana oder Zagreb nach Rijeka

Flugzeug: ganzjährig über Zagreb, dann Mietwagen. Oder saisonal direkt nach Krk (Airport von Rijeka)

Flixbus: direkt aus München, Wien, Prag nach Rijeka

Reisezeitraum:

ganzjährig

 

5*Hotels (Landeskategorie) in Rijeka und Opatija:

Hotel Hilton Costabella Beach Resort & Spa, auf halbem Weg zwischen Rijeka und Opatija gelegen, mit ausgezeichneten Panorama-Sternerestaurant „Nebo“ und großem Spa-Bereich – www.rijekacostabella.hilton.com

 

Hotel Bonavia, qualitativ hochwertiges Stadthotel mit toller Lage mitten in Rijeka, dennoch ruhig – www.jadran-hoteli.hr

 

Hotel Amadria Park Hotel Milenij, direkt an der Meerpromenade mitten im Zentrum von Opatija – www.amadriapark.com

 

Spitzengastronomie in den Bergdörfern:

Konoba im Bergdorf Kastav

Boutique- und Gourmethotel Kukuriku, www.kukuriku.hr

 

Konoba in Zaluki

Restaurant Villa Plasa, Zaluki, https://hr.gaultmillau.com/restaurants/villa-plasa

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