Großes Potenzial
Usbekistan möchte schon bis 2030 seine Besucherzahlen verdoppeln –
auf dann 15 Million Touristen jährlich. Das ehrgeizige Ziel ist realistisch

Registan in Samarkand: "Der schönste Platz der Welt"
Von Fred Hafner
Taschkent. Dritte Reise nach Usbekistan – in drei Jahren. Das ist kein Zufall. In Zentralasien entwickeln sich die Dinge rasant, von (West-)Europa häufig unbemerkt. So gibt es bis heute keinen einzigen fest stationierten deutschen Korrespondenten in diesem zentralen Teil der Welt – weder in Taschkent, noch in Astana, Almaty, Baku oder Bischkek. Wenn deutsche Medien über Usbekistan, Kasachstan, Aserbaidschan, Kirgistan berichten, springen weiterhin Kollegen aus Ankara, Peking oder gar Kuala Lumpur ein.
Diesmal reisen wir nicht privat, sondern sind Teil einer internationalen Mediengruppe: Chinesen, Malaysier, Pakistani, Briten, Deutsche, Ungarn, Kasachen, Aserbaidschaner, Türken sind dabei. Schon die Auswahl der Teilnehmer zeigt, dass sich Usbekistan als weltoffenes Land sieht. Die Regierung in Taschkent strebt nach guten Beziehungen zur EU, zu Amerika, auch zu Russland. Reiner Selbstschutz? Vielleicht. Ganz sicher aber wirtschaftliches Interesse. Usbekistan macht eine beeindruckende Entwicklung durch. Öl, Gas, Uran und Gold werden exportiert, Industriegüter eingeführt oder gleich vor Ort produziert. So hat der chinesische Konzern Build Your Dreams (BYD) gerade eine Autofabrik in Usbekistan eröffnet. Chevrolet produziert seit Jahren hier. Seit 2018 gilt Visafreiheit mit mehr als 100 Staaten der Erde. Anlass unserer Reise ist die Ende November stattfindende Tourismusmesse in Taschkent. Zuvor besuchen wir Taschkent, Samarkand, Buchara und Chiwa.
(Reise 2023: Jeder nach seiner Fasson, hier: https://www.reiseblick.net/usbekistan
Reise 2024: Moscheen, Minarette, Medresen, Mausoleen, hier: https://www.reiseblick.net/kirgistan-kasachstan)



Drei Generationen in Usbekistan: stolz auf ihr Land, immer fröhlich gegenüber Besuchern
Mit 33 Millionen Einwohnern leben in Usbekistan nur knapp halb so viele Menschen wie in Deutschland (83,5 Mio) – bei einer 1,25fach größeren Fläche. Vier Millionen leben im Großraum Taschkent, zwei Millionen direkt in der Hauptstadt. Wir reisen diesmal aus Berlin mit Aserbaidschan Airlines über Baku an, Rückflug mit Usbekistan Airlines direkt von Taschkent nach München: beide Male fliegen wir in modernen A 320 neo – auch in der economy mit weichem Ledergestühl, mit viel Beinfreiheit, WLAN an Bord, zweimaligem Service. (Zum Vergleich: Condors Bordservice beim 6,5 h Flug zwischen Dubai und Berlin besteht weiterhin aus einem Haferkeks pro Passagier. Von der Enge in der Kabine nicht zu reden.)



Anflug Taschkent 1 Uhr nachts: moderne Großstadt, hell erleuchtet, Strompreis 2 Cent/kWh
1 Uhr nachts spektakulärer Anflug auf das hell erleuchtete Taschkent (Strompreis 2 Cent/KWh). Die Einreise ist dank Visafreiheit in wenigen Minuten erledigt. Zentralasien besteht aus fünf Ländern: Usbekistan, Kirgisistan (oder Kirgistan, beides ist erlaubt), Turkmenistan, Tadschikistan und Kasachstan. Zentralasien gehört mit einer Fläche von knapp vier Millionen Quadratkilometern und rund 65 Millionen Einwohnern zu den am dünnsten besiedelten Regionen der Erde. Von den über 150 verschiedenen hier lebenden Ethnien stellen die Usbeken zahlenmäßig die größte Volksgruppe dar.

Koʻkaldosh-Madrasa in Taschkent: Wo sich von März bis Oktober Besuchergruppen drängeln, ist der Vorplatz in den Monaten November bis Februar fast verwaist

Auch Einheimische besuchen gern ihre Hauptstadt. Junge Usbeken vor dem Hazrati-Imam-Komplex

Überall im Land fällt die fast schon penible Sauberkeit auf. Kein Stück Papier liegt auf der Straße, kein Graffiti, Zigarettenstummel sowieso nicht. Taschkent ist mit reichlich Grün versehen, überall sind Blumen gepflanzt

Straßen und Bürgersteige blitzblank, geputzt wird trotzdem
Usbekistan liegt im Herzen Zentralasiens, ist seit 1991 unabhängig. Es gilt als schönstes Land der sagenumwobenen Seidenstraße. Wissenswert: Die EINE Seidenstraße gibt es nicht. Die sogenannte Grosse Seidenstraße bezeichnet ein System von Karawanenstraßen. Sie verbanden China mit den Ländern des Nahen Ostens und Europas. Ein bedeutender Teil davon führte durch Zentralasien. Samarkand, Buchara und Chiwa waren wichtige Städte dieser Seidenstraße(n), Taschkent lag eher am Rand. Die Seidenstraße(n) entstand als Handelsstraße im 3. Jahrhundert vor Christi und bestand bis ins 16. Jahrhundert. Es gab neben florierendem Handel, religiösem und kulturellem Austausch aber immer auch verheerende Kriege, Zerstörungen, Brände und Hungersnöte entlang der Seidenstraße. Touristisch liegt es nahe, dass Usbekistan heute vor allem an die historische Seidenstraße anknüpft. Deren Zauber fasziniert Menschen nach wie vor.
Zwischen einer Fülle antiker Monumente und orientalischer Architektur schlendern wir in den nächsten Tagen durch belebte Basare, schlürfen mit gastfreundlichen Einheimischen Tee in typischen Teehäusern, beobachten Handwerker bei ihrer Arbeit, handeln beim Kauf handgeknüpfter Teppiche, aufwendig bestickter Stoffe, wunderschöner Miniaturbilder, handgemachter Puppen.

Bauarbeiter in Taschkent: Zufrieden mit ihrem Einkommen


Süßwarenverkäufer und Brotbäcker auf dem Chorzu-Markt: Im Winter fehlen die Touristen
In Taschkent erleben wir das übliche touristische Besichtigungsprogramm: Hazrati Imam Complex, Minor Mosque, Chorsu-Basar, Koʻkaldosh-Madrasa, Timuridenmuseum, Metro. Ein Besuch des Fernsehturms offenbart, wie grün Taschkent ist. In der Hauptstadt vermischt sich das moderne mit dem traditionellen usbekischen Leben. Prachtvolle Regierungsanlagen im Zentrum, unzählige Springbrunnen, moderne Geschäfts- und Bürozentren, aber auch Zeugnisse alt-usbekischer Architektur machen das Flair der Stadt aus.
Hinweis: Details zu allen Sehenswürdigkeiten finden sich ausführlich in diversen Reiseführern (eine Empfehlung am Textende). Ich werde mich hier weiter an journalistischen Beobachtungen über Land und Leute halten.
Wir kommen mit Bauarbeitern ins Gespräch. Jahongir ist 36 Jahre jung und mit seinem Job zufrieden: „Wir verdienen gut, um die 6,3 Mio Sum (450 Euro). Die Mieten sind günstig. Mit meiner Frau habe ich drei Kinder. Wir kommen gut über die Runden.“
Kinder sind wichtig in Usbekistan. Auch Madina, die wir auf dem großen Chorsu-Markt mit ihrem 6- jährigen Sohn Tahir und der 4-jährigen Tochter Sitora treffen, hat bereits mit 21 Jahren geheiratet: „Das ist normal. Die meisten Frauen haben bei uns zwei bis drei, viele auch vier bis fünf Kinder“, erklärt sie. Im Straßenbild sieht man viele Kinder und junge Leute. Das Durchschnittsalter in Usbekistan wird statistisch mit 29,3 Jahren angegeben! Und Bildung ist wichtig. „Mit drei Jahren ist der Kindergarten verpflichtend, mit sechs Jahren beginnt die Schule“, erklärt Madina. Und sie betont: „Wir sind kein islamisches, sondern ein demokratisches Land. Während früher oft Eltern Ehen arrangierten, sind die jungen Menschen heute frei in ihrer Wahl.“ Zumindest in den großen Städten ist das so, hören wir später von Einheimischen. Auf dem Land halten sich noch alte Traditionen.
Auf dem Markt verkauft Abdallah seit 16 Jahren Süsswaren. Damit ernährt er seine Familie. „In der Hochsaison läuft es sehr gut, aber jetzt im November und Dezember bräuchten wir mehr Touristen. Die Einheimischen kaufen auch, aber sehr ausgewählt. Meine Umsätze gehen in diesen Zeiten sehr zurück“, erklärt er auf Nachfrage. Ähnliches berichten Achmed und Ibrahim. Sie stehen seit frühmorgens in ihrer Backstube bei loderndem Feuer: „Wir arbeiten hier das ganze Jahr. Von März bis Oktober läuft es sehr gut, jetzt im November kaufen nur noch die Einheimischen.“
Das durchschnittliche Einkommen liegt in Usbekistan derzeit bei circa 420 Euro im Monat. Frauen gehen mit 55, Männer mit 60 Jahren in Rente. Die Lebenserwartung liegt allerdings nur bei 72,9 Jahren im Durchschnitt.

Palastähnliche Bahnhöfe, dichter Zugverkehr der Metro, viele Reisende ...

... und immer mittendrin im Getümmel und mit rotem Käppi gut erkennbar: Aufsicht Nestara
Usbekistan gilt als eines der sichersten Länder der Welt. Überall im Land fällt die fast schon penible Sauberkeit auf. Kein Stück Papier liegt auf der Straße, kein Graffiti, Zigarettenstummel sowieso nicht. Die breiten Straßen sind mit reichlich Grün versehen, überall sind Blumen gepflanzt, sprudeln Springbrunnen, die Rasenflächen und Hecken sind sauber gestutzt. Das Straßenbild ist bunt: Hyundai, Chrysler, General Motors, Tesla, BYD, Volkswagen, BMW, aber auch alte Lada, Wolga und Moskwitsch dominieren das Bild. Benzin kostet 90 Cent/Liter, eine Metrofahrt 17 Cent. Die Bahnhöfe gleichen teils schicken Palästen. Die Züge verkehren von 5 bis 24 Uhr. An den Eingängen werden die Taschen der Fahrgäste kurz nach gefährlichen Mitbringseln durchleuchtet. Das hat allerdings eher Symbolcharakter. Auch hier unten ist alles piekfein und sauber. Alle Bahnhöfe sind mit Personal besetzt. Nestara schiebt als Stationsaufsicht der Metro wie alle ihre Kolleginnen und Kollegen 12-Stunden-Schichten – immer von 6 bis 6, tags oder in der Nacht. „Ich arbeite seit sechs Jahren hier“, erzählt sie, „mir macht die Arbeit mit Menschen immer noch großen Spaß. Wir wechseln auch mal die Stationen, damit es nicht langweilig wird“, lacht die 37-Jährige. Nestara verdient rund 6 Mio usbekische Sum monatlich, das entspricht 430 Euro.„Ich bin jetzt Ende 30, aber das hier ist ein Lebensjob“ sagt sie.


Der Chorsu-Markt bietet eine grandiose Auswahl an Früchten, Nüssen, Gewürzen, Fleisch. Er verlangt gute Orientierung. Ansonsten ist Verlaufen garantiert. Wenn die Geschäfte laufen, wird mittags schon mal Geld gezählt



Nationalgericht Plov: ein großer Kessel, Reis, Hammelfleisch, Gemüse – und sonst nix
Als Nationalgericht in Usbekistan gilt Plov: Es wird traditionell aus langkörnigem Reis, Zwiebeln, Brühe und Hammelfleisch zubereitet. Manchmal werden auch Möhren, Erbsen und/oder Rosinen verwendet. Jede Region schwört auf ihr Rezept. Das Erfolgskonzept besteht aus Braten, Kochen und Garen in riesigen Kesseln – für 50 und mehr Personen. Es gibt den Mittags- und den Abendplov für Familien, den Morgenplov nur für Männer. Ganz ehrlich: Es schmeckt gut, aber nach sieben Tagen ist es auch genug. Generell ist die usbekische Küche sehr fleischlastig. Vegetarier sind hier bisher weithin unbekannt, kommen aber mit Salaten und Gemüse über die Runden.
7,9 Millionen Touristen kamen 2024 ins Land. Viel, angesichts der nur 33 Mio Einwohner. Mit ihnen erwirtschaftete Usbekistan 3 Billionen Dollar Einnahmen. Die Infrastruktur passt sich an und wächst. In den Städten gibt es inzwischen Hotels aller Preiskategorien, dazu Hostels und Privatzimmer. Taschkent besitzt ein leistungsfähiges Metronetz, das ständig erweitert wird. Zwischen der Hauptstadt und Samarkand (2 h, 300 km) sowie Buchara (3,5 h, 600 km) verkehren Hochgeschwindigkeitszüge vom Typ Talgo (Spanien) mit bis zu 230 km/h. 2024 sollten sie auch bis Chiwa fahren. Das Projekt verzögert sich. Das Land ist auch mit vierspurigen Schnellstraßen überzogen. Deren Zustand ist allerdings vielfach sanierungsbedürftig.
Auch wirtschaftlich gibt es ein „zweites Leben“ an der Seidenstraße. Vor allem China strebt danach. Das Reich der Mitte will über die Seidenstraße den zunehmenden Warenaustausch mit Europa schneller und kostengünstiger gestalten. Unter der Bezeichnung Neue Seidenstraße werden seit 2013 Projekte zum Auf- und Ausbau interkontinentaler Handels- und Infrastruktur-Netze zwischen der Volksrepublik China und über 60 weiteren Ländern Afrikas, Asiens und Europas zusammengefasst. Der Name ist in Anlehnung an die historische Seidenstraße gewählt. Die Neue Seidenstraße führt – größtenteils per Schiene – durch Zentralasien über Kasachstan und Usbekistan nach Europa. Enden soll sie an wichtigen Handelsplätzen wie beispielsweise Hamburg, Duisburg und Rotterdam. Eine südlichere Route soll über den Iran und die Türkei nach Europa führen. Bis 2049 ist die Fertigstellung avisiert.


Hochwertige Seide in allen Formen und Farben: Qualität hoch, Auswahl riesig, Preise für unsere Verhältnisse sehr niedrig
Geschichte – nicht entsorgt: Das "Hotel Usbekistan" eröffnete in sowjetischem Baustil 1974 als früheres Intourist-Hotel. Es ist bis heute eines der bekanntesten des Landes
Am nächsten Morgen stehen wir am Hauptbahnhof von Taschkent. Heute geht es mit dem Hochgeschwindigkeitszug Afrosyb und bis zu 230 km/h durch die Wüste nach Samarkand. Der spanische Talgo-Zug bietet drei Klassen: VIP, Business, Economy. Die zweistündige Fahrt über 300 Kilometer kostet nur 10 Euro. Dabei werden jedem Reisenden noch ein Imbiss und ein Kaffee/Tee kostenlos gereicht. Bei solchen Tarifen und kurzen Reisezeiten ist jeder Platz belegt, zumal nur je zwei Züge vormittags und nachmittags fahren. Rechtzeitige Reservierung ist ein Muss!


Sehr repräsentativer Bahnhof von Taschkent, gemütliche Lounge im Hauptgebäude


Wir fahren 230 km/h, während die Zugbegleiter ihren Reisenden frische Erdbeeren im Abteil anbieten


Auf die Minute pünktliche Ankunft in Samarkand. Die Afrosyb-Züge sind bei Preisen von 10 Euro gut gebucht
Der Zug ist auf die Minute pünktlich. Und dann stehen wir also am Registan in Samarkand, touristischer Höhepunkt der gesamten Reise. Wir sind wirklich überwältigt! Egon Erwin Kisch hatte Recht: Die Schönheit dieses Platzes ist weltweit unerreicht. Drei sagenhafte Bauwerke im Halbkreis. In etwa so, als würden Notre Dame in Paris, Petersdom in Rom und Hagia Sophia in Istanbul gemeinsam an einem Platz stehen. Kein Zweifel: Der Registan ist der schönste Platz der Welt!
Drei mächtige Medressen, ehemalige Koranschulen, stehen hier im Halbkreis. Ein Ort wie aus 1.001 Nacht, der Geschichte von Jahrhunderten widerspiegelt.

Ob Tag oder Nacht, zum Registan zieht es viele Besucher Samarkands gleich mehrfach

Blau-weiß-gold: die Nekropole Schachi-Zinda in Samarkand beeindruckt wie Hunderte anderer Bauwerke in Usbekistan

Mächtig stolz: Vater mit seiner jüngsten, nunmehr dritten Tochter. Sie kam erst vor acht Wochen auf die Welt
Samarkand ist eine der ältesten Städte der Welt, ungefähr 2500 Jahre. Es ist ein Schmelztiegel der Völker: Tadschiken, Iraner, Usbeken, Kasachen, Russen, Türken, leben hier. 70 Prozent der Einwohner Samarkands sind originär Tadschiken. Einschließlich chinesisch und russisch empfängt uns überall in der Stadt ein buntes Sprachgemisch. Vor Samarkand ist in nur drei Jahren (2019 bis 2021) eine komplette Neu-Stadt entstanden, Neu-Samarkand oder die „Ewige Stadt“. Jetzt sollen hier bereits 10.000 Menschen arbeiten, sagt man uns. Jährlich finden rund 30 hochkarätige Fachtagungen mit Gästen aus aller Welt statt.

"Neu-Samarkand": Vor den Toren der Stadt entstand eine Büro-, Tagungs-, Geschäfts-, Shopping-, Vergnügungswelt. Das muss man mögen ...
Außer dem Registan besuchen wir das Mausoleum des Nationalhelden Amir Temur, die Bibekhanim Moschee, den Hazrati Khizir Komplex, eine Papierfabrik.


Schnell wechselnde Szenerie: betende Familien, aufmerksame Schülerinnen ...


... stolze Großmütter mit ihren Enkeln, zufriedene Großväter beim Plausch
Am nächsten Tag geht es in die moderne Silk Road International University of Tourism and Cultural Heritage. Sie ist neu erbaut, wurde erst 2018 eröffnet. Heute studieren hier 2.982 Studenten, darunter 65 aus dem Ausland. 113 Lehrkräfte gibt es, darunter 15 Professoren. Die Uni ist neu gebaut, die Lehrmittel und Einrichtungen hochmodern. So wachen am Eingang Gesichtsscanner über den Zutritt und Ausgang. Normalerweise fragen Journalisten, aber hier wird unsere Mediengruppe von Fragen der Studierenden bestürmt. Die jungen Menschen sind offen, neugierig, ja wirklich wissbegierig. Die Lage der Uni im Grünen im Samarkand inspiriert Studenten wie Professoren gleichermaßen.

Die 2018 in Samarkand neu eröffnete Universität für Tourismus und Kulturgüter der Seidenstraße ist sehr modern ...


... und die mehrheitlich Studentinnen sehr wissbegierig

"Gut aufs berufliche Leben vorbereitet" und mächtig stolz: Heute gab´s Diplomzeugnisse
Mariam, Yasmin, Noor, Layla, Amira, Hafsa und Malak sind sehr aufgeregt. Heute erhalten sie ihr Zeugnis fürs Abschlussdiplom. Miriam: „Auf diesen Tag heute habe ich lange hingearbeitet. Tourismus hat in unserem Land eine große Zukunft. Ich fühle mich mit meiner guten Ausbildung jetzt sehr gut vorbereitet für eine erfolgreiche berufliche Zukunft.“ Sie hat doppelten Grund zu Freude, denn heute feiert sie gleichzeitig ihren 22. Geburtstag.

Autobahn Buchara–Chiwa: Ochsenkarren, Gefahrentransporter, manchmal auch Fahrräder – und maximal 80 km/h
Wir reisen weiter nach Buchara und Chiwa (touristische Details im Reiseführer). Weil es bei allem Fortschritt auch in Usbekistan Verzögerungen gibt, müssen Reisende für die 500 Kilometer von Buchara bis Chiwa weiterhin Bus fahren (der Afrosyb soll nun voraussichtlich 2027 fertig sein). Die Fahrt ist mühsam und dauert sechs bis acht Stunden.

Chiwa ist ein flächendeckendes Freilichtmuseum, von einer gewaltigen Stadtmauer umrahmt

Chiwa lohnt den weiten Weg. Die Oasenstadt mitten in der Wüste ist ein einziges Freilichtmuseum. Umgeben von einer gewaltigen Stadtmauer fühlt sich der Besucher hier wirklich in 1001. Nacht zurückversetzt. Mit Fertigstellung der Bahn-Schnellstrecke werden die Besucherzahlen stark steigen. Mit neuen Hotels und weiteren Bauten bereiten sich die Usbeken, aber auch Unternehmer aus anderen Ländern, darauf vor. Wir nächtigen zum Beispiel in einem sehr schönen Hotel direkt an der Stadtmauer, dass ein Franzose gerade erst vor zwei Monaten eröffnet hat.


Viele Brautpaare zieht es auch aus entfernten Orten zur Hochzeit nach Chiwa. Das freut die Putzfrauen, haben sie doch tägliche Abwechslung bei ihrer Arbeit


Holz, Keramik, Malerei: Handwerker bieten in Chiwa ihre selbst gefertigten Produkte feil

Die Stadt dient nicht nur Hochzeitspaaren als Kulisse
Wegen der Entfernung von rund 1.000 km von Chiwa bis Taschkent nehmen wir einen Inlandsflug. Die sind auch abends 22.30 Uhr noch gut gefüllt. Und das, obwohl drei bis sechsmal täglich Flieger je Richtung starten und landen.

Internationale Tourismusmesse in Taschkent: Ambitionierte Ziele
Geschäftlicher Höhepunkt der Reise ist die Internationale Tourismusmesse 2025 in Taschkent. Im Untertitel heißt sie auch „Tourismus auf der Seidenstraße“ (TITF). Sie findet jährlich statt und ist immer wieder ein besonderes Ereignis in Zentralasien. Ziel ist es, den Tourismus in der Region zu fördern, Geschäftspartnerschaften auszubauen und die neue Seidenstraßen-Region zu bewerben. Neben allen zentralasiatischen Ländern sind auch Aussteller aus China, Pakistan, Malaysia, Japan vertreten. Westeuropa sucht man vergebens. Dabei gäbe es hier viel Potenzial.
Denn die Tourismusmanager in Taschkent haben große Ziele: von derzeit knapp acht Millionen soll sich die Zahl der Touristen bis 2030 auf 15 Millionen fast verdoppeln. Der derzeitige Aufenthaltsdauer von 4 bis 5 Tagen will man verlängern. Das Budget der Reisenden und damit die Einnahmen Usbekistans sollen weiter und stark steigen.


Podiumsdiskussion auf der Messe, Tourismusmanager Sherzod Sultanov: ehrgeizige Ziele
Das klingt exponiert, ist aber realistisch: Während Touristen 2024 weltweit durchschnittlich 1.072 Dollar für ihre Reisen ausgaben (Asien und Pacific 1.310, Central und Osteuropa 617) waren es in Usbekistan nur 269, rechnet der Tourismusminister Usbekistans Aziz Abduqahhorovich Abdukhakimovauf auf der Messe vor. Tourismusmanager Sherzod Sultanov sagt: „Usbekistan ist eines der günstigsten touristischen Destinationen weltweit. Aber die einzigartige Kultur und die Schätze der Seidenstraße haben das große Potenzial, für mehr Einnahmen zu sorgen.“
Interessant sind weitere Zahlen: 1,5 Millionen Kasachen, 1,4 Mio Tadschiken, 1,3 Mio Kirgisen, 560.000 Russen und 80.000 Türken besuchten 2024 Usbekistan. Die Zahl der Deutschen lag bei nur 17.000, die der Franzosen bei 11.000, der Italiener bei 8.000 im vergangenen Jahr.
Kein Zweifel, das Potenzial ist gewaltig. Wenn man bedenkt, dass man bei den stark gestiegenen innereuropäischen Flugpreisen für 500 Euro nach Mallorca oder - ebenfalls visafrei - fürs gleiche Geld nach Taschkent, Samarkand, Buchara und Chiwa fliegen kann, ist meine Entscheidung klar. (November 2025).


Stolze Frauen, viele Kinder – Usbekistan blickt optimistisch in die Zukunft
Im Sommer täglich, im Winter 2-3mal wöchentlich gibt es am Registan in Samarkand eine imposante Lichtshow
Infos:
Anreise: von Deutschland über Istanbul oder Baku nach Taschkent (8 Stunden). Alternativ direkt ab Frankfurt oder München nach Taschkent (6,5 Stunden).
Einreise: visafrei bis 30 Tage, Pass erforderlich
Geld: 1 Euro entspricht 13.600 usbekische Som. Bargeld ist King, kleine Dollar- und Euro-Scheine mitnehmen
Gesundheit: Auslands-KV sehr empfehlenswert
Fotografieren: Wer Menschen aufnimmt, sollte vorher um Erlaubnis fragen. Ansonsten kaum Einschränkungen, außer an Grenzen und militärischen Anlagen.
Essen und Trinken: Die Versuchungen der exzellenten Küche mit großen Obst- und Gemüseangebot sind gewaltig. Um Durchfallerkrankungen zu vermeiden, ist besonders in den ersten Tagen etwas Zurückhaltung empfohlen. Ansonsten gilt die alte Regel: "Peel it, boil ist, cook it or forgoet it." Vor großen Restaurants finden sich am Eingang oft Handwaschbecken.
Beste Reisezeit: Wegen der großen Sommerhitze März bis Juni oder September bis November
Reiseveranstalter: Inzwischen ist die Auswahl für Reisen nach Zentralasien oder auch nur in einzelne Länder groß. Ein guter Allrounder ist trendtours.
Islamische Bauwerke:
Moschee: Die Moschee war und ist als zentraler Treffpunkt und Ort des Gebetes wichtigstes islamisches Bauwerk. Dank vieler Neubauten in den Jahren seit der Unabhängigkeit findet man heute auch in Usbekistan in jeder Stadt und jedem Dorf wieder Moscheen. In deren massiven Kuppelgebäude bildet die nach Mekka ausgerichtete und Mihrab genannte Gebetsnische den zentrale Bezugspunkt. Sie ist die „Pforte zum Himmel“.
Minarrett: Die meisten Moscheen haben ein oder mehrere Minarette. Diese Turmbauten dienten in der Vergangenheit in erster Linie dem Geistlichen, um die Gläubigen fünfmal täglich zum Gebet (namaz) aufzurufen. Heute übernimmt das moderne Technik.
Medrese: DIe Medrese (madrasa) ist eine muslimische Bildungseinrichtung, häufig auch Koranschule genannt. Sie besteht in der Regel aus einem rechteckigen Innenhof, um den in zwei Stockwerken die Studien- und Wohnräume für die Schüler gruppiert sind. Fenster und Ausgänge gehen ur zum Innenhof. Das Eingangsportal ist häufig sehr prachtvoll.
Mausoleum: Das Mausoluem (maqbara) ist ein besonders prachtvolles Grabmal zum repräsentativen Gedenken an Verstorbene und deren Vermächtnis. Es kombiniert eine Gruft und einen Andachtsraum auf einer oder zwei Etagen.

Dieser Reiseführer ist ein kompetenter Begleiter:
USBEKISTAN
13. Aufl. 2020, 536 S.
ISBN 978-389794-586-9
Trescher Verlag, Berlin
Bodo und Irina Thöns leben seit Jahren als Deutsche in Usbekistan 500 Seiten, 38 Stadtpläne, 330 Farbfotos, herausnehmbare Faltkarte