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Ist das noch Arbeit –
oder schon Urlaub?

Einfach im Hotel bleiben, ohne Urlaubstage zu verbrauchen: Viele Angestellte möchten statt im Homeoffice lieber von unterwegs arbeiten. Am besten in einer Feriengegend. Urlaubsdestinationen wie Oberbayern richten sich auf diesen Trend ein

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Die Region Oberbayern eignet sich ideal für Arbeit und aktive Erholung, Workation genannt

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Von Fred Hafner

 

Parsdorf bei München. Wäre es nicht schön, wenn man einfach am Urlaubsort bleiben könnte, selbst wenn man arbeiten muss? Das geht leichter, als viele denken – denn Arbeitgeber sind inzwischen vielfach offen für sogenannte Workation-Modelle. Dabei arbeitet der Mitarbeiter mobil aus dem In- oder Ausland, meist aus einer attraktiven Ferienregion. So kann man den Urlaubsaufenthalt verlängern, ein paar Arbeitstage dranhängen oder freie Tage dazwischenschieben. Der Effekt: Reisen funktioniert selbst dann, wenn der Jahresurlaub bereits aufgebraucht ist.

Einen rechtlichen Anspruch auf Workation gibt es allerdings ebenso wenig wie auf Homeoffice. Allerdings: Immer mehr Unternehmen erkennen, dass dieses Angebot ihren Ruf als Arbeitgeber verbessert. Und ebenso positive Effekte auf Produktivität und Work-Life-Balance bei ihren Mitarbeitenden hat. Und klar: Wer als Arbeitgeber seinen Beschäftigen Homeoffice erlaubt, dürfte gegen Workation nichts einzuwenden haben. 

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Rund um München sind viele befestigte Radwege abseits großer Verkehrsstraßen entstanden. Einer entspannten Tour nach Feierabend steht nichts im Wege. Die Routenwahl ist üppig, Rundkurse sind überall problemlos möglich

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Das Bader Hotel in Parsdorf bei München stellt sich bereits auf digitale 

Nomaden ein

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Frühstücksraum im Bader Hotel: heimische Produkte, viel hausgemacht. Gut gestärkt in den Arbeitstag

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Lobby im Bader Hotel: Warme Farben und duftendes Holz dominieren hier wie auch in sämtlichen Zimmern

In Deutschland engagiert sich die Region Oberbayern sehr für Workation. "Die Bedingungen dafür sind hier einfach optimal, sind wir doch eine äußerst attraktive Ferienregion. Die malerische Natur- und Kulturlandschaft bietet ideale Bedingungen für neue Formen des ortsunabhängigen und gemeinschaftlichen Arbeitens und Lebens," sagt Miriam Hördegen, PR-Koordinatorin Oberbayern.

 

Oberbayerns touristische Dachorganisation – Tourismus Oberbayern München (TOM) e.V. – konnte 2023 in den statistisch erfassten Betrieben (mehr als zehn Betten) 17.8 Millionen Gästeankünfte und 43,6 Millionen Übernachtungen registrieren. Damit ist Oberbayern mit Abstand die stärkste touristische Region in Bayern (Zum Vergleich: im genannten Zeitraum wurden im Freistaat 38,9 Mio. Gästeankünfte und 100 Mio. Übernachtungen gemeldet.)

Mit diesen Zahlen sind die Tourismus-Rückgänge der Coronajahre komplett erledigt. Oberbayern behauptet damit seine Position als einer der begehrtesten Lebens- und Tourismuswirtschaftsräume in Europa.

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Natürlich bedarf es für das Workation bei den Gastgebern – Hotels, Pensionen, Privatvermieter – bestimmter Voraussetzungen. Sie benötigen ein leistungsstarkes Internet und schnelles Wifi, um ihren digitalen Nomaden gute Arbeitsbedingungen zu schaffen. Das Wifi sollte im besten Fall sogar abgeschirmt, also nicht öffentlich zugänglich sein. Fast unabdingbar sind ebenso ein größerer Tisch, ein bequemer, praktischer Arbeitsstuhl und gern eine weitere Ablagefläche. Aber dann kann’s auch schon losgehen: morgens bis gegen 14 Uhr konzentriert arbeiten, danach – etwa mit dem Rad – die Gegend erkunden. Ein Mittagssnack würde das Workation-Angebot noch abrunden, ist aber kein Muss. 

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Zielgruppe für Workation sind die so genannten „Coworkationists“: Das sind Berufstätige, die Gemeinschaft, Flexibilität und einen inspirierenden Arbeitsort suchen. Die Region Oberbayern hat vier Gruppen ausgemacht:

  1. Digitale Nomaden, also flexible Berufstätige, die ortsunabhängig arbeiten wollen und können.

  2. Kreative Köpfe, also Menschen in gestalterischen Berufen, die nach inspirierenden Umgebungen suchen

  3. Projektteams, also Gruppen, die für Workshops und Brainstorming-Sessions abseits des Büros zusammenkommen sowie

  4. Work-Life-Balance-Suchende, also Personen, die einen Ausgleich zwischen Beruf und Privatleben anstreben

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Räder sind vielerorts zu mieten, etwa bei Specialized in Holzkirchen. Auf Wunsch gibt es sogar eine passende Sattelvermessung

Das Bader Hotel in Parsdorf bei München bietet bereits viele Voraussetzungen für Workation. Das modernes Holzhotel, das skandinavisches Ambiente und bayerisches Heimatgefühl vereint, wird gern gebucht, zunehmend auch von Coworkationists.

Die Mitarbeiterinnen sind herzlich und werden als Gastgeberfamilie wahrgenommen. Es gibt Tagungsräume für Meetings und Seminare. Im Speiselokal „Kaspar“ dominieren Regionalität und Frische. Und die Zimmer aus kompletter Holzausstattung garantieren einen erholsamen Schlaf.

 

Petra aus Jena arbeitet für ein großes Softwareunterhmen. Die 39-Jährige hat sich für ein paar Tage im Bader Hotel eingebucht und es als Workation-Basis genutzt: „Ich wollte hier in Oberbayern auch einmal außerhalb des Urlaubs, also einfach nach Feierabend, unterwegs sein. Das Hotel bietet gute Arbeitsbedingungen, die Umgebung ist wirklich sehr schön. Mit meinem gemieteten Gravel-Bike habe ich bereits viele Touren unternommen. Zum Beispiel habe ich eine wunderschöne Kaffeerösterei in Glonn entdeckt, das waren nur rund 20 Kilometer von hier. Als einziges hätte ich mir noch gewünscht, den großen Flatscreen im Zimmer an meinen Laptop anschließen zu können. Aber es ging auch so“, erklärt sie Ihre Erfahrungen. Sie werde Workation „auf jeden Fall“ wiederholen, sagt Petra noch, „allerdings dann an einem anderen Ort.“ 

Das ist so ein wenig die Crux für Workation-Gastgeber: Digitale Nomaden sind wenig sesshaft und werden kaum zu Stammgästen werden. Umso wichtiger ist es, ständig neue Coworkationists vom eigenen Konzept zu überzeugen.  

Kaffeerösterei Glonn

Lisa Hinterholzer und ihr Partner betreiben seit 15 Jahren erfolgreich ihre eigene Kaffeerösterei in Glonn in Oberbayern. Jährlich rösten sie 60 bis 80 Tonnen verschiedener Kaffeesorten. Gerade am Wochenende brummt das Geschäft. Digitale Nomaden haben die Chance, nach getaner Arbeit nachmittags vorbeizuschauen

Kaffeerösterei Glonn

Oswald Pehel, Geschäftsführer von Tourismus Oberbayern München e.V., ist überzeugt: „Wir sehen in Coworkation eine große Chance, Oberbayern als eine Vorzeigeregion für innovative Arbeits- und Lebensmodelle zu entwickeln. Unsere Strukturen in den Destinationen geben naturnahes Arbeiten ebenso her wie die nachhaltige, ressourcenschonende Lebens- und Arbeitsweise. Das beginnt schon bei der Anreise und endet in einer Location, die man vielleicht gar nicht direkt auf dem „Arbeitsschirm” hat – wie die Kombination einer Coworkation im Ort mit Urlaub auf einem Bauernhof.“

 

Veronika Engel von Coworkation Alps e.V. arbeitet täglich an dieser Vision und will Oberbayern und die Alpen in der sich wandelnden Arbeits- und Urlaubswelt als neues Sehnsuchtsziel etablieren: „Wir möchten die Chance der New Work Bewegung nutzen, um neue Perspektiven zu schaffen und nachhaltig den ländlichen Raum der Alpen mit seinen einzigartigen Potentialen zu stärken. Wir haben da etwas, das andere nicht haben: die Work-Life-Mountain-Balance.“

 

Der Tagesablauf der Coworkationists unterscheidet sich sowohl von klassischen Urlaubsreisenden als auch Arbeitenden. Dies weiß auch Johannes Tien, Betreiber des Hotels Bergeblick in Bad Tölz, das sich ebenfalls auf Workation vorbereitet hat: „Hochwertige Arbeitsplätze sind nicht unbedingt das erste, an das man in einem Hotel denkt, aber genau das brauchen diese Gäste. Dazu kreative Gemeinschaftsräume und natürlich eine leistungsfähige Internetverbindung.“

Veronika Engel

Veronika Engel von Coworkation Alps e.V. will Oberbayern und die Alpen in der sich wandelnden Arbeits- und Urlaubswelt als neues Sehnsuchtsziel etablieren

Mit Workation können Gastgeber ihre Saisonzeiten entzerren und einen ganzjährigen Tourismus ermöglichen. Der ländliche Raum wird so zum attraktiven Wirtschaftsstandort. Die lokale Wirtschaft profitiert durch die längere Aufenthaltsdauer der Gäste, die letztlich auch einen bewussten und nachhaltigen Tourismus fördern. Gerade Corona hat den Trend befördert, Arbeit und Urlaub in Gemeinschaft zu kombinieren.

 

Der Verein Coworkation Alps unterstützt und berät Unternehmen und Beschäftigte zu den Potenzialen und Möglichkeiten dieser neue Arbeitsform. Eine Studie des Coworkation Alps Vereins zeigt, dass rund ein Viertel der unabhängig voneinander befragten Beschäftigten und auch Unternehmen Workation offen gegenüberstehen. Besonders stark ist Coworkation in Italien verankert, wo dies bereits 25 Prozent der Befragten aktiv praktizieren. Deutschland liegt hier noch bei rund 12 Prozent.

Coworkation ist vor allem für jüngere Leute attraktiv. Hier setzt aktuell ein Paradigmenwechsel ein, getrieben auch durch das mobile Arbeiten während Corona. Laut Studien sind vor allem die Umfelde von Meer, Seen, Alpen bzw. generell Standorte im Umfeld von Wasser- und Naturerlebnis gefragt. Der Trend ist auch eine große Chance für Kommunen und Regionen, Leerstände aufzufangen, umzunutzen und neu in Wert zu setzen. (April 2024)

 

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Anreise Parsdorf: 

ICE nach München, weiter mit S-Bahn/Bus nach Parsdorf

Auto über den Münchner Autobahnring A 99 bis Abfahrt Parsdorf

 

 

Infos: 

https://www.oberbayern.de/

https://top.oberbayern.de

Studie von Coworkation Alps e.V. 

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Kaffeerösterei Glonn:

https://www.merchantandfriends.com/

 

Fahrrad mieten zum Beispiel hier:

https://www.specialized.com/de/de

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